Zunahme sexueller Übergriffe in Freibädern: Was in Stuttgart und Umgebung wirklich passiert

In Stuttgart
August 16, 2025

Stuttgart – Immer wieder kommt es in Freibädern zu Vorfällen, die Besucherinnen und Besucher verunsichern. In Stuttgart und Sindelfingen wurden jüngst mehrere Fälle sexueller Belästigung gemeldet. Die Polizei ermittelt, Badegäste fordern mehr Schutz – und Schwimmbadbetreiber stehen unter Druck.

Ein Sommertag mit Schattenseiten

Am 12. August 2025 wurde die Stuttgarter Polizei gleich mehrfach alarmiert. In insgesamt drei Bädern – dem Höhenfreibad Killesberg, dem Inselbad Untertürkheim und einem Freibad in Sindelfingen – kam es zu mutmaßlichen sexuellen Belästigungen durch männliche Badegäste. Die Opfer: vor allem Mädchen im Alter von 12 bis 15 Jahren.

Derartige Vorfälle sind keine Einzelfälle mehr – auch wenn sie nach wie vor statistisch gesehen selten bleiben. Dennoch erschüttern sie das Sicherheitsgefühl vieler Besucherinnen und Besucher. Die Debatte über Maßnahmen, Prävention und gesellschaftliche Verantwortung ist längst entbrannt.

Die dokumentierten Fälle im Überblick

Die jüngsten Meldungen aus Stuttgart und Umgebung zeigen ein wiederkehrendes Muster: Männer nähern sich im Schwimmbad oder im Wasser minderjährigen Mädchen, berühren sie unerwünscht oder machen intime Aufnahmen. Hier eine tabellarische Übersicht über die bekannt gewordenen Fälle:

OrtTatverdächtigerOpferVorgehenMaßnahmen
Höhenfreibad Killesberg28 Jahrezwei Mädchen (12 Jahre)Im Wasser am Gesäß berührtVorläufig festgenommen, wieder freigelassen
Inselbad Untertürkheim42 Jahrezwei Mädchen (15 Jahre)Im Wasser am Gesäß berührtPersonal hielt Täter fest, Polizei nahm Personalien auf
Sindelfingen66 Jahre14-jährigeIm Bikini fotografiert beim BückenAnzeige wegen Verletzung des Intimbereichs
Gifizsee bei Offenburg43 JahreGruppe junger MädchenUnerwünschter Körperkontakt im WasserErmittlungen durch Kripo

Wie reagieren Badegäste, wenn Übergriffe passieren?

In fast allen dokumentierten Fällen zeigten Opfer oder ihre Begleitpersonen Zivilcourage und informierten sofort das Schwimmbadpersonal. Dieses griff wiederum umgehend ein. „Sobald wir alarmiert werden, sichern wir die Personalien, informieren die Polizei und sprechen ein sofortiges Hausverbot aus“, so ein Bademeister des Inselbads Untertürkheim.

Diese direkte Reaktion wird von Sicherheitsbehörden gelobt, reicht jedoch vielen Besucherinnen nicht aus. In sozialen Netzwerken und Foren berichten Frauen, wie unangenehm es sei, in manchen Bädern angestarrt oder mit Kommentaren bedacht zu werden – selbst wenn keine körperliche Berührung stattfindet. Eine Nutzerin schreibt in einem Forum: „Je größer die Männergruppe, desto unsicherer fühle ich mich.“

Wie häufig kommt sexuelle Belästigung im Freibad Stuttgart vor?

Laut offiziellen Angaben der Stadt Stuttgart kam es in der gesamten bisherigen Freibadsaison 2025 zu fünf polizeilich erfassten Vorfällen sexueller Belästigung – bei mehr als 450.000 Besuchern. Damit liegt die Quote im Promillebereich. Dennoch zeigen sich Stadt und Polizei wachsam.

Ein Sprecher der Polizei Stuttgart erklärt: „Wir nehmen jeden einzelnen Fall sehr ernst, denn auch wenn die Zahl niedrig erscheint, ist das Leid für die Betroffenen enorm.“ Die Polizei ruft regelmäßig über ihre sozialen Kanäle zur Mithilfe auf und veröffentlicht Zeugenaufrufe.

Was tun Freibadbetreiber bei sexuellen Übergriffen?

Die Stadtwerke Stuttgart, die viele der Freibäder betreiben, haben als Reaktion auf die Vorfälle das Sicherheitspersonal aufgestockt. Besonders an Wochenenden und in den Abendstunden sind mehr Security-Mitarbeiter im Einsatz. Zusätzlich wurden Plakate mit Hinweisen gegen sexuelle Belästigung angebracht.

Ein Konzept, das im Inselbad Untertürkheim bereits greift: „Wir setzen auf Prävention und Präsenz“, erklärt eine Sprecherin der Stadtwerke. „Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter greifen bei auffälligem Verhalten frühzeitig ein, ohne dass eine Anzeige nötig ist.“ In manchen Bädern werden sogar verdeckte Sicherheitskräfte eingesetzt.

Welche Präventionsprojekte gibt es gegen Belästigung im Freibad?

Ein Beispiel ist das Projekt „Luisa ist hier!“, das mittlerweile bundesweit Anwendung findet. Es ermöglicht Frauen und Mädchen, diskret Hilfe zu holen, indem sie sich an das Personal wenden und fragen: „Ist Luisa hier?“ Der Satz ist ein Code und führt dazu, dass das Personal weiß: Diese Person braucht Hilfe – ohne dass sie Details nennen muss.

Auch Informationskampagnen an Schulen sowie spezielle Elternbroschüren zum Verhalten in Schwimmbädern sind Teil der städtischen Präventionsstrategie. Dennoch bleibt der Umgang mit dem Thema für viele herausfordernd – gerade, wenn sich Täter durch Gruppendynamiken geschützt fühlen.

Gibt es auch Beschwerden über Sicherheit in Freibädern auf Foren?

Ja. Auf Plattformen wie hilferuf.de oder gutefrage.net schildern Nutzerinnen, dass sie Schwimmbäder meiden oder sich nicht mehr allein dorthin trauen. Eine Nutzerin schreibt: „Ich war immer gern im Freibad, aber die letzte Saison hat mir echt gereicht. Ich wurde dauernd angestarrt, das war unangenehm.“

Die Online-Diskussion zeigt, dass viele Mädchen und Frauen deutlich sensibler auf Grenzüberschreitungen reagieren – und dass das Unsicherheitsgefühl oft schon vor einem konkreten Vorfall besteht.

Weitere Vorfälle außerhalb von Stuttgart

Auch außerhalb der Landeshauptstadt Baden-Württembergs wurden in diesem Sommer ähnliche Vorfälle gemeldet. In Besigheim etwa soll ein 27-Jähriger zwei Mädchen betatscht haben, in Asperg wurde ein Mann gesichtet, der sich im Nichtschwimmerbecken entblößte. In Albstadt wurde gegen vier junge Männer ermittelt, die Mädchen beim Rutschen unsittlich berührt haben sollen.

Diese Fälle unterstreichen: Es handelt sich nicht um ein isoliertes städtisches Phänomen – vielmehr offenbart sich ein überregionaler Handlungsbedarf in der Bäderkultur.

Welche Rolle spielt Polizei-Kommunikation bei Freibad-Vorfällen?

Die Polizei in Stuttgart nutzt aktiv soziale Netzwerke wie Twitter, um über aktuelle Vorfälle zu informieren und Zeugen zu bitten, sich zu melden. Besonders auffällig: Die Polizei nennt konkrete Uhrzeiten, beschreibt den Tathergang knapp, benennt das Alter der Opfer und bietet eine Telefonnummer für weitere Hinweise.

Diese transparente Kommunikation wird von vielen Bürgerinnen und Bürgern positiv aufgenommen. Gleichzeitig mahnen Datenschützer zur Vorsicht, um Persönlichkeitsrechte der Beteiligten – auch der Tatverdächtigen – nicht zu verletzen.

Gesellschaftlicher Diskurs und politische Forderungen

Die Debatte über sexuelle Belästigung in Freibädern ist auch ein politisches Thema. Während einige Stimmen schärfere Strafen und Aufenthaltsauflagen fordern, warnen andere vor Pauschalisierungen oder Generalverdacht gegenüber bestimmten Gruppen.

Ein bekanntes Beispiel stammt aus Bayern: Dort forderte Ministerpräsident Söder nach mehreren Vorfällen in Schwimmbädern härtere Maßnahmen bis hin zur Abschiebung für nicht-deutsche Tatverdächtige. Kritiker werfen ihm Populismus vor, andere loben seine Entschlossenheit.

Gleichzeitig wächst das Engagement von Initiativen, die Prävention fördern, etwa durch Sensibilisierungstrainings, Workshops an Schulen oder das Projekt „Luisa ist hier!“.

Wie geht es weiter?

Während sich der Sommer seinem Ende zuneigt, bleibt das Thema sexuelle Belästigung in Freibädern ein gesellschaftlicher Brennpunkt. Die Polizei will weiter auf Sichtbarkeit und schnelle Reaktion setzen, die Betreiber arbeiten an nachhaltigen Sicherheitskonzepten, und viele Besucherinnen fordern ein neues Miteinander im öffentlichen Raum.

Dass in der Freibadsaison 2025 bei Hunderttausenden Besucherinnen und Besuchern nur wenige Fälle polizeilich gemeldet wurden, ist auf den ersten Blick beruhigend. Doch jedes einzelne Ereignis kann gravierende Folgen für die Betroffenen haben. Das zeigt: Prävention, Zivilcourage und gute Kommunikation bleiben zentrale Bausteine, um Freibäder als sichere Orte für alle zu erhalten.

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Als Autor für das Magazin "Nah am digitalen Rand" verbinde ich meine Germanistik-Expertise mit einem unstillbaren Interesse für redaktionell spannende Themen. Meine Leidenschaft gilt der Erforschung und dem Verständnis der digitalen Evolution unserer Sprache, ein Bereich, der mich stets zu tiefgründigen Analysen und Artikeln inspiriert.