Spanien droht mit Rückzug vom Eurovision Song Contest 2026 bei Teilnahme Israels

In Politik
September 17, 2025

Spaniens öffentlich-rechtlicher Rundfunk RTVE hat eine historische Entscheidung getroffen: Sollte Israel am Eurovision Song Contest 2026 teilnehmen, will Spanien seine Teilnahme zurückziehen. Damit stellt sich erstmals eines der sogenannten „Big Five“-Länder offen gegen die European Broadcasting Union (EBU) und zieht eine moralische Grenze, die weit über den Wettbewerb hinausweist.

Ein Signal aus Spanien

Die Entscheidung von RTVE fiel Mitte September 2025 nach einer Vorstandssitzung in Madrid. Mit einer deutlichen Mehrheit von zehn Ja-Stimmen, vier Gegenstimmen und einer Enthaltung erklärte das Gremium, man werde den Eurovision Song Contest 2026 boykottieren, wenn Israel wie gewohnt antritt. Für Spanien, das seit 1961 ununterbrochen am Wettbewerb teilgenommen hat, wäre es ein Novum.

Der RTVE-Präsident José Pablo López betonte in einer Erklärung, Spanien könne nicht so tun, als ob „alles normal sei“, während ein Land, das im Zentrum internationaler Vorwürfe stehe, eine Bühne zur Selbstinszenierung bekomme. Diese Haltung wurde von Teilen der spanischen Politik und Öffentlichkeit begrüßt, löste aber auch eine hitzige Debatte über die Rolle von Kulturereignissen in geopolitischen Konflikten aus.

Hintergrund: Israel und die Eurovision-Kontroverse

Seit Monaten wird in ganz Europa über die Rolle Israels im Eurovision Song Contest diskutiert. Auslöser ist der Krieg im Gazastreifen, der nicht nur humanitäre Katastrophen nach sich zieht, sondern auch juristische Folgen: Internationale Institutionen prüfen Vorwürfe, Israel habe Völkerrecht verletzt. Vor diesem Hintergrund halten es mehrere Länder für untragbar, gemeinsam mit Israel auf einer kulturellen Bühne aufzutreten.

Neben Spanien haben sich auch Irland, die Niederlande, Island und Slowenien klar positioniert. Diese Länder fordern entweder einen Ausschluss Israels oder drohen mit ihrem eigenen Rückzug. Spanien ist jedoch das erste Land der „Big Five“, das diesen Schritt öffentlich ankündigt – und dadurch besonders viel Gewicht in die Debatte bringt.

Was bedeutet die Rolle der „Big Five“?

Die „Big Five“ (Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Vereinigtes Königreich) genießen eine Sonderstellung im Wettbewerb. Sie sichern mit ihren Beiträgen einen erheblichen Teil der Finanzierung und sind automatisch für das Finale gesetzt. Ein möglicher Ausstieg Spaniens hätte daher nicht nur symbolische, sondern auch finanzielle und organisatorische Konsequenzen.

Ein Fan kommentierte in einem Forum dazu: „Wenn eines der Big Five tatsächlich geht, verändert das den Charakter des Wettbewerbs dramatisch. Es ist ein klares Signal, dass politische Realitäten auch die größte Unterhaltungsshow Europas erreichen.“

Reaktionen innerhalb Spaniens

Die Entscheidung spaltet die spanische Gesellschaft. Befürworter verweisen auf die moralische Verantwortung, kulturelle Plattformen nicht zu missbrauchen. Kritiker hingegen warnen davor, dass Kultur und Politik unauflöslich vermischt würden und dass die Eurovision gerade durch ihre Neutralität stark sei.

Ein Blick in spanische Medien zeigt: Während linke Parteien und Aktivistengruppen RTVE ausdrücklich unterstützen, betonen konservative Stimmen, dass ein Boykott letztlich die spanischen Künstlerinnen und Künstler bestrafe. Auch innerhalb der Bevölkerung gibt es keine einheitliche Linie – in sozialen Netzwerken finden sich sowohl Solidaritätsbekundungen als auch empörte Kommentare.

Bleibt der Benidorm Fest bestehen?

Trotz eines möglichen Boykotts wird der Benidorm Fest, Spaniens nationaler Vorentscheid für Eurovision, weiter stattfinden. RTVE bestätigte, dass die Veranstaltung nicht abgesagt wird. Sie diene nicht nur der Auswahl für Eurovision, sondern auch der Förderung spanischer Musik und Künstler. Damit sendet Spanien ein klares Signal: Der Boykott richtet sich nicht gegen Musik oder Künstler, sondern gegen politische Umstände.

Internationale Dimension: Wer folgt Spanien?

Die Liste der Länder, die ihre Teilnahme an Bedingungen knüpfen, wächst. Besonders die Niederlande, Irland, Slowenien und Island haben bereits angekündigt, nicht anzutreten, wenn Israel zugelassen wird. In Island wurde sogar diskutiert, ob israelische Künstler nur unter neutraler Flagge antreten dürften – ein Vorschlag, der an Regelungen im internationalen Sport erinnert.

Einige Beobachter ziehen Parallelen zum Jahr 2022, als Russland nach der Invasion in der Ukraine vom Eurovision Song Contest ausgeschlossen wurde. Damals entschied die EBU innerhalb weniger Tage. Nun aber scheint die Lage komplizierter: Israel ist seit Jahrzehnten Teil der Eurovision-Familie, und die Entscheidung könnte weitreichende diplomatische Folgen haben.

Entscheidung der EBU steht noch aus

Die European Broadcasting Union will erst im Dezember 2025 entscheiden, ob Israel teilnehmen darf. Bis dahin können sich die teilnehmenden Länder noch zurückziehen, ohne Strafen fürchten zu müssen. Hinter den Kulissen wird offenbar heftig debattiert, wie viel politische Neutralität die Eurovision noch verkraftet – und wo moralische Verantwortung beginnt.

Fragen und Antworten aus der öffentlichen Debatte

Warum droht Spanien mit Rückzug vom Eurovision Song Contest, wenn Israel teilnimmt?

Die Hauptgründe liegen in den politischen und humanitären Folgen des Gaza-Krieges. RTVE betont, dass es unmöglich sei, sich neutral zu geben, solange Israel Vorwürfen wegen Völkerrechtsverletzungen ausgesetzt ist. Der Rückzug wäre daher ein Signal der Solidarität mit den Opfern.

Wer entscheidet bei der EBU über Israels Teilnahme und bis wann?

Die EBU wird auf ihrer Generalversammlung im Dezember 2025 über die Zulassung Israels abstimmen. Erst dann steht fest, ob Israel starten darf oder ausgeschlossen wird.

Welche Länder haben ebenfalls mit einem Boykott gedroht?

Zu den Ländern zählen neben Spanien die Niederlande, Irland, Slowenien und Island. Jedes dieser Länder hat in den vergangenen Wochen klargestellt, dass eine Teilnahme nur ohne Israel möglich sei.

Wie könnte ein Rückzug Spaniens den Eurovision Song Contest beeinflussen?

Ein Rückzug hätte mehrere Ebenen: Der finanzielle Beitrag Spaniens würde entfallen, die Einschaltquoten im Land könnten massiv sinken, und die Integrität der „Big Five“-Struktur stünde in Frage. Zudem würde das internationale Ansehen des Wettbewerbs Schaden nehmen, wenn er inmitten politischer Kontroversen schrumpft.

Die Rolle der sozialen Medien

Auf Plattformen wie Reddit und X wird die Debatte intensiv geführt. In Fan-Foren wird diskutiert, ob die Eurovision Gefahr läuft, ihren ursprünglichen Charakter als unpolitische Musikshow zu verlieren. Viele Nutzer äußern Verständnis für die spanische Haltung, sehen aber auch die Gefahr einer Spaltung innerhalb Europas.

Besonders brisant ist, dass Fans in mehreren Threads Parallelen zur Situation in den Niederlanden ziehen: Dort hat der Sender AVROTROS ebenfalls angekündigt, unter den aktuellen Umständen nicht teilnehmen zu wollen. In Memes, Diskussionen und Kommentaren zeigt sich die Mischung aus Humor, Frustration und ernster Sorge über die Zukunft des Wettbewerbs.

Was sagt die internationale Musikszene?

Mehr als 70 ehemalige Eurovision-Teilnehmer haben einen offenen Brief unterschrieben, in dem sie den Ausschluss Israels fordern. Auch Kulturschaffende außerhalb der ESC-Welt äußern ihre Meinung: Einige sehen den Boykott als notwendiges Zeichen, andere kritisieren ihn als „Politisierung“ einer eigentlich verbindenden Plattform.

Mögliche Szenarien für 2026

Die Diskussion wirft viele Fragen auf: Wird Israel tatsächlich teilnehmen dürfen? Werden weitere Länder folgen und sich auf Spaniens Seite stellen? Oder gelingt es der EBU, einen Kompromiss zu finden? Mögliche Optionen reichen vom Ausschluss Israels über einen Start unter neutraler Flagge bis hin zum Ignorieren der Boykottandrohungen.

Welche Folgen hätte ein Ausschluss Israels?

Ein Ausschluss könnte einen Präzedenzfall bestätigen, der bereits mit Russland geschaffen wurde. Kritiker warnen jedoch, dass dies den Wettbewerb dauerhaft politisieren könnte. Befürworter hingegen sehen darin die einzige Möglichkeit, Werte wie Menschenrechte auch in der Popkultur konsequent zu verteidigen.

Ausblick

Bis Dezember 2025 bleibt die Lage ungewiss. Spanien hat mit seiner Entscheidung eine deutliche Linie gezogen und damit die EBU in eine schwierige Lage gebracht. Der Eurovision Song Contest, der traditionell für Vielfalt, Musik und die Einheit Europas steht, steht nun an einem Scheideweg. Die kommenden Monate werden zeigen, ob er seiner Linie der politischen Neutralität treu bleibt oder ob er gezwungen sein wird, klare politische Entscheidungen zu treffen.

Für Spanien ist die Sache klar: Man wird nicht schweigen, wenn zentrale Werte verletzt werden. Ob diese Haltung die Zukunft des Wettbewerbs dauerhaft verändert, bleibt abzuwarten – sicher ist nur, dass der Eurovision Song Contest 2026 so umstritten ist wie selten zuvor in seiner langen Geschichte.

Avatar
Redaktion / Published posts: 2948

Als Autor für das Magazin "Nah am digitalen Rand" verbinde ich meine Germanistik-Expertise mit einem unstillbaren Interesse für redaktionell spannende Themen. Meine Leidenschaft gilt der Erforschung und dem Verständnis der digitalen Evolution unserer Sprache, ein Bereich, der mich stets zu tiefgründigen Analysen und Artikeln inspiriert.