
Ein globaler Engpass unter Wasser
Das Rote Meer ist nicht nur eine wichtige Schifffahrtsroute, sondern auch ein Knotenpunkt der digitalen Welt. Rund 17 Prozent des weltweiten Internetverkehrs und etwa 90 Prozent des Datenstroms zwischen Europa und Asien passieren diesen Korridor. Unter der Wasseroberfläche verlaufen Dutzende von Glasfaserkabeln, die Milliarden von Menschen und Unternehmen miteinander verbinden. Diese Kabel sind die unsichtbare Infrastruktur, die das globale Internet am Laufen hält – und gleichzeitig ein empfindlicher Schwachpunkt.
Die Störung im Detail
Am frühen Morgen des 6. September 2025, um 05:45 UTC, registrierten Betreiber eine gleichzeitige Unterbrechung mehrerer Kabelsysteme. Besonders betroffen waren die Systeme SMW4 (South East Asia–Middle East–Western Europe 4) und IMEWE (India–Middle East–Western Europe). Die Verbindungen liefen durch die Region nahe der saudischen Stadt Dschidda. Nutzer in Pakistan und Indien berichteten von massiven Geschwindigkeitseinbußen, während auch Teile Europas erhöhte Latenzzeiten verzeichneten. Cloud-Dienste, insbesondere Microsoft Azure, mussten kurzfristig Datenverkehr auf alternative Routen umleiten.
Frage: Warum wurden im Roten Meer Unterseekabel durchtrennt?
Die Ursachen sind noch nicht vollständig geklärt. Experten gehen davon aus, dass ein umhertreibender Anker des Frachtschiffs Rubymar, das zuvor von einer Rakete getroffen worden war, die Kabel beschädigt haben könnte. Zwar gibt es Spekulationen über gezielte Angriffe durch Huthi-Rebellen aus dem Jemen, doch offizielle Bestätigungen liegen nicht vor. Fachleute betonen, dass Unfälle bei Unterseekabeln häufiger vorkommen als Attacken.
Betroffene Regionen und Auswirkungen
Der Schaden betrifft vor allem Länder, die stark auf die Leitungen durch das Rote Meer angewiesen sind. Indien und Pakistan verzeichneten Verbindungsprobleme, Streamingdienste litten unter schlechter Qualität, und auch VPN-Verbindungen brachen teilweise ab. In den Vereinigten Arabischen Emiraten meldeten Nutzer auf Plattformen wie DownDetector deutliche Beeinträchtigungen ihrer Internetverbindungen. In Dubai und Abu Dhabi kam es zu Spitzen bei Störungsmeldungen, wobei vor allem „Landline Internet“ betroffen war. Auch wenn der globale Westen weniger stark betroffen war, spürten internationale Unternehmen die Verzögerungen im Datenfluss deutlich.
Frage: Welche Regionen sind vom Internetausfall im Nahen Osten betroffen?
Neben Indien und Pakistan waren Teile des Nahen Ostens, darunter die Golfstaaten, besonders betroffen. Aber auch europäische Nutzer, deren Daten über diese Route geleitet wurden, bemerkten Performanceprobleme. Besonders geschäftskritisch war der Ausfall für Unternehmen, die auf reibungslose Kommunikation zwischen Kontinenten angewiesen sind.
Reaktionen der Anbieter
Microsoft meldete unmittelbar nach Bekanntwerden der Störungen erhöhte Latenzen in seinem Azure-Netzwerk. Innerhalb weniger Stunden gelang es, den Datenverkehr umzuleiten und alternative Pfade zu aktivieren. „Wir beobachten die Lage kontinuierlich und passen die Routen an, um die Auswirkungen auf unsere Kunden so gering wie möglich zu halten“, teilte das Unternehmen mit. Auch andere Netzbetreiber nutzten ihre Redundanzkapazitäten, um den Ausfall abzufangen. Dennoch war klar: Ein derart zentraler Korridor kann nicht vollständig kompensiert werden.
Frage: Wie reagiert Microsoft auf die Unterseekabel-Störung im Roten Meer?
Microsoft hat Routingmaßnahmen aktiviert, den Datenverkehr über alternative Anbieter geleitet und betont, dass die meisten Azure-Dienste mittlerweile stabil laufen. Dennoch bleiben erhöhte Latenzen bestehen, bis die beschädigten Kabel vollständig repariert sind.
Aufwendige Reparaturen
Die Reparatur von Unterseekabeln ist ein komplexer Prozess. Zunächst müssen spezialisierte Kabelschiffe in die Region verlegt werden. Taucher und ferngesteuerte Fahrzeuge lokalisieren die beschädigten Stellen, ziehen die Kabel an die Oberfläche und setzen neue Abschnitte ein. Hinzu kommt der politische Faktor: Im Roten Meer verlaufen die Kabel durch Gewässer verschiedener Staaten, was Genehmigungen und Abstimmungen erforderlich macht. Je nach Schadensumfang kann eine Reparatur mehrere Wochen bis Monate dauern.
Frage: Wie lange dauert die Reparatur von beschädigten Unterseekabeln?
Branchenkenner rechnen mit einer Dauer von mindestens mehreren Wochen. Der Grund: Die Schiffe müssen mobilisiert, Ersatzteile bereitgestellt und internationale Genehmigungen eingeholt werden. In einer Region, die zudem durch politische Konflikte belastet ist, kann dies noch länger dauern.
Geopolitische Dimensionen
Die jüngsten Vorfälle verdeutlichen, wie verletzlich die globale digitale Infrastruktur ist. Bereits im Jahr 2024 wurden mehrere Kabel in derselben Region beschädigt, nachdem die Rubymar durch einen Raketenangriff schwer getroffen worden war. Experten vom Center for Strategic and International Studies (CSIS) bezeichnen die Bab al-Mandab-Straße als „weichen Unterbauch der Weltwirtschaft“. Auch Berichte von Sicherheitsfirmen warnen, dass staatlich unterstützte Akteure wie Russland oder China gezielt Unterseekabel ins Visier nehmen könnten.
Frage: Sind Huthi-Rebellen für den Schaden an den Kabeln verantwortlich?
Obwohl diese Möglichkeit diskutiert wird, gibt es derzeit keine Beweise für einen gezielten Angriff. Die Huthi-Miliz selbst bestreitet jede Verantwortung. Fachleute weisen darauf hin, dass Kabelbrüche in vielen Fällen durch Schiffsanker oder natürliche Faktoren wie Erdbeben verursacht werden.
Globale Abhängigkeit
Wie stark das globale Internet vom Roten Meer abhängt, zeigen Statistiken: Knapp ein Fünftel des weltweiten Datenverkehrs fließt durch diesen Korridor. Für Europa ist er die Lebensader Richtung Asien, und für Afrika oft die einzige stabile Verbindung zum Rest der Welt. Der aktuelle Vorfall legt offen, dass es noch immer zu wenige alternative Routen gibt. Eine Verlagerung des Datenverkehrs über längere Kabelwege bedeutet höhere Latenzen und steigende Kosten.
Frage: Wie stark ist das globale Internet vom Roten Meer abhängig?
Sehr stark: Etwa 17 Prozent des gesamten globalen Datenverkehrs laufen hier durch. Für die Kommunikation zwischen Europa und Asien ist die Region unverzichtbar.
Strategien zur Absicherung
Experten empfehlen, die Widerstandsfähigkeit der Unterseekabel-Infrastruktur zu stärken. Dazu gehören:
- Redundanz: Aufbau zusätzlicher Kabelrouten, um Ausfälle abzufangen.
- Governance: Internationale Kooperation und klare Zuständigkeiten bei Schäden.
- Überwachung: Einsatz moderner Sensorik und Marinepatrouillen.
- Staatliche Schutzmaßnahmen: Einige Länder wie Großbritannien setzen bereits auf Marineeinheiten, um kritische Infrastrukturen zu sichern.
Frage: Welche Maßnahmen gibt es zur Absicherung der Untersee-Datenleitungen?
Neben Redundanz und internationalen Absprachen zählen vor allem politische Stabilität und technologische Überwachung zu den zentralen Elementen. Ohne eine enge Kooperation der betroffenen Staaten bleibt die Infrastruktur anfällig.
Perspektiven aus Foren und sozialen Medien
Auch Nutzer in sozialen Medien haben den Vorfall sofort gespürt. Auf Plattformen wie Reddit diskutierten User über „Ripple-Effekte“, die durch die Umleitung von Datenströmen entstehen. „Wir sehen jetzt schon Verzögerungen bei Finanztransaktionen und Cloud-Diensten“, schrieb ein Nutzer in einem Technikforum. Auf Twitter (X) veröffentlichte NetBlocks Messungen, die eine deutliche Verschlechterung der Konnektivität in mehreren Ländern belegten. Besonders aufschlussreich sind die Kommentare von Endkunden in den VAE, die über plötzliche Verbindungsabbrüche und extrem langsame Ladezeiten klagten.
Die Rolle früherer Vorfälle
Bereits im März 2025 war das PEACE-Kabel im Roten Meer durchtrennt worden. Damals dauerte es mehr als sechs Wochen, bis die Reparaturen abgeschlossen waren. Auch das AAE-1-Kabel war zuvor länger beeinträchtigt. Diese Serie von Zwischenfällen zeigt, dass die Region nicht nur durch geopolitische Spannungen, sondern auch durch technische Störanfälligkeit geprägt ist.
Auswirkungen auf Wirtschaft und Alltag
Für den Endnutzer äußert sich ein Kabelausfall meist in langsamer Ladegeschwindigkeit, schlechter Videoqualität oder instabilen VPN-Verbindungen. Doch für Unternehmen hat er weitreichendere Folgen. Banken und Finanzmärkte benötigen millisekundenschnelle Kommunikation, und Cloud-Dienste sind auf zuverlässige Übertragungen angewiesen. Jeder Ausfall führt zu Produktivitätseinbußen und finanziellen Schäden. Gleichzeitig zeigt sich, wie selbstverständlich wir die Existenz dieser unsichtbaren Infrastruktur nehmen – bis sie ausfällt.
Die durchtrennten Unterseekabel im Roten Meer sind mehr als ein regionales Problem: Sie verdeutlichen die globale Abhängigkeit von wenigen Korridoren, die unsere digitale Welt tragen. Während Anbieter wie Microsoft schnell reagieren konnten, bleiben die strukturellen Schwachstellen bestehen. Die Kombination aus geopolitischen Risiken, technischer Verletzlichkeit und fehlender Redundanz macht deutlich, dass die internationale Gemeinschaft handeln muss. Solange das Rote Meer der Nadelöhr unserer digitalen Zukunft bleibt, werden Vorfälle wie dieser das globale Internet immer wieder erschüttern.