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Extremwinter? Bischof Kohlgraf: Warnung vor Hass und Verachtung des Heiligen Jahres 2025

In Aktuelles
Dezember 31, 2025

Mainz, 31. Dezember 2025 – Das Jahr neigt sich dem Ende zu, die Kirchen füllen sich mit Kerzenlicht, leisen Gebeten und dem Bedürfnis nach Orientierung.

Doch während vielerorts von Hoffnung und Neubeginn die Rede ist, richtet der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf den Blick auf eine Entwicklung, die er als gefährlich und zutiefst menschlich beschreibt – und die ihn selbst erreicht hat.

Zum Abschluss des von Papst Franziskus ausgerufenen Heiligen Jahres 2025 hat der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf ungewöhnlich offen gesprochen. In seiner Silvesterpredigt machte der katholische Oberhirte deutlich, dass Hass und Verachtung längst keine abstrakten Begriffe mehr seien, sondern reale Erfahrungen – auch für ihn persönlich. Kohlgraf berichtete davon, selbst Hassbotschaften zu erhalten, und nutzte diese Erfahrung, um eine grundsätzliche Warnung auszusprechen: Eine Gesellschaft, die sich von Abwertung und Feindseligkeit leiten lasse, schade nicht nur den Angegriffenen, sondern zerstöre auch diejenigen, die diesen Hass verbreiten.

Der Mainzer Bischof und der öffentliche Hass

Peter Kohlgraf ist kein Kirchenmann, der häufig drastische Worte wählt. Umso deutlicher wirkte seine Botschaft an diesem letzten Tag des Jahres. Hass und Verachtung, so sagte er sinngemäß, seien Kräfte, die „die Seele zersetzen“. Der Satz fiel nicht beiläufig, sondern bildete den moralischen Kern seiner Predigt. Kohlgraf machte klar, dass diese Einschätzung nicht aus theoretischen Überlegungen erwachse, sondern aus konkreter Erfahrung.

Dass auch ein Bischof Zielscheibe von Hassbotschaften wird, sei für ihn Ausdruck einer gesellschaftlichen Entwicklung, die zunehmend alle Bereiche des öffentlichen Lebens erfasse. Der Ton werde rauer, die Bereitschaft zur Abwertung größer – und das nicht nur in anonymen digitalen Räumen, sondern auch im direkten zwischenmenschlichen Umgang.

Persönliche Erfahrungen als Ausgangspunkt

Indem Kohlgraf seine eigenen Erlebnisse öffentlich machte, verlieh er seiner Warnung zusätzliche Glaubwürdigkeit. Er stellte dabei ausdrücklich klar, dass Hass nicht ausschließlich von Menschen am Rand der Gesellschaft ausgehe. Vielmehr seien es oft Personen, die gut integriert seien, beruflich wie sozial, und dennoch Frustration, Wut oder Verachtung nach außen trügen.

Diese Beobachtung führte den Bischof zu einer grundsätzlichen Frage: Wie könne es sein, dass Menschen, denen es materiell gut gehe, innerlich so verbittert seien? Für Kohlgraf ist dies ein Hinweis darauf, dass wirtschaftliche Sicherheit allein kein Garant für innere Zufriedenheit oder gesellschaftlichen Zusammenhalt ist.

Hass und Verachtung als Gefahr für die Gesellschaft

In der Predigt weitete Kohlgraf den Blick von der persönlichen Erfahrung auf die gesellschaftliche Ebene. Hass und Verachtung, so seine zentrale These, seien keine Randerscheinungen mehr. Sie wirkten wie ein schleichendes Gift, das das Vertrauen zwischen Menschen untergrabe und langfristig das Fundament des Zusammenlebens beschädige.

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Besonders eindringlich warnte der Mainzer Bischof davor, das eigene Lebensglück an der Abwertung anderer festzumachen. Wer seine Identität daraus beziehe, andere herabzusetzen, verliere letztlich selbst an Würde und innerer Stabilität. Diese Haltung führe nicht zu Stärke, sondern zu innerer Verarmung.

„Hass und Verachtung zersetzen die Seele“

Der zentrale Satz der Predigt fiel mit Bedacht. Kohlgraf verband ihn mit der Überzeugung, dass Hass nicht nur zerstörerisch nach außen wirke, sondern vor allem nach innen. Menschen, die sich dauerhaft von negativen Emotionen leiten ließen, liefen Gefahr, den Zugang zu Mitgefühl, Freundschaft und Lebensfreude zu verlieren.

In diesem Zusammenhang sprach der Bischof auch von Selbstverantwortung. Jeder Mensch müsse sich fragen, welche Haltung er pflege und welche Worte er wähle – im direkten Gespräch ebenso wie in öffentlichen Debatten. Gerade in einer Zeit, in der Meinungen schnell und ungefiltert verbreitet würden, komme dieser inneren Haltung besondere Bedeutung zu.

Selbstprüfung statt Schuldzuweisung

Auffällig war, dass Kohlgraf auf Schuldzuweisungen verzichtete. Stattdessen rief er zur Selbstprüfung auf. Nicht der andere, nicht „die Gesellschaft“ allein sei verantwortlich für den rauer werdenden Ton, sondern jeder Einzelne trage seinen Teil dazu bei. Diese Perspektive verlieh seiner Predigt eine nachdenkliche, beinahe seelsorgerische Tiefe.

Der Mainzer Bischof verband diesen Appell mit der Aufforderung, Freundschaften und persönliche Beziehungen bewusster zu pflegen. Auch er selbst, so räumte er ein, müsse sich immer wieder daran erinnern, Zeit und Aufmerksamkeit in den Erhalt dieser Bindungen zu investieren.

Das Heilige Jahr 2025 als moralischer Rahmen

Kohlgrafs Worte fielen nicht zufällig zum Abschluss des Heiligen Jahres 2025. Das von Papst Franziskus ausgerufene Glaubensjahr stand unter dem Leitmotiv der Hoffnung und der Pilgerschaft. Es sollte Gläubige dazu ermutigen, sich auf den Weg zu machen – innerlich wie äußerlich – und Verantwortung für ein friedliches Miteinander zu übernehmen.

Der Mainzer Bischof griff diesen Gedanken auf und stellte klar, dass Hoffnung kein passiver Zustand sei. Sie müsse gelebt, verteidigt und manchmal auch gegen Widerstände behauptet werden. Gerade dort, wo Hass und Verachtung Raum gewännen, sei Hoffnung keine Selbstverständlichkeit, sondern eine bewusste Entscheidung.

Glaube als Quelle von Orientierung

In seiner Predigt machte Kohlgraf deutlich, dass der christliche Glaube in seinen Augen nicht vor der Realität fliehe, sondern sich ihr stelle. Die Auseinandersetzung mit Hass und gesellschaftlicher Spaltung sei daher keine politische Randfrage, sondern Teil eines religiösen Selbstverständnisses, das den Menschen in seiner Ganzheit ernst nehme.

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Der Glaube könne Orientierung geben, so Kohlgraf, aber er entbinde niemanden von Verantwortung. Vielmehr fordere er dazu auf, Haltung zu zeigen – im Alltag, im Gespräch, in der Art und Weise, wie man über andere spreche.

Zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Gleichzeitig ließ der Bischof keinen Zweifel daran, dass diese Ansprüche schwer umzusetzen seien. Auch Gläubige seien nicht immun gegen Wut, Enttäuschung oder Verletzung. Entscheidend sei jedoch, wie man mit diesen Emotionen umgehe und ob man bereit sei, sie zu reflektieren, statt sie ungefiltert weiterzugeben.

Gerade hierin sah Kohlgraf eine der zentralen Lehren des Heiligen Jahres: den Mut, sich selbst zu hinterfragen und den eigenen Beitrag zum gesellschaftlichen Klima ernst zu nehmen.

Ein gesellschaftlicher Appell über die Kirche hinaus

Obwohl Kohlgraf als katholischer Bischof sprach, richtete sich seine Botschaft nicht ausschließlich an kirchlich gebundene Menschen. Seine Worte zielten auf eine breitere Öffentlichkeit, auf eine Gesellschaft, die sich zunehmend polarisiert erlebt.

Der Oberhirte machte deutlich, dass Respekt, Freundlichkeit und der bewusste Verzicht auf Abwertung keine religiösen Sonderwerte seien, sondern Grundlagen eines funktionierenden Gemeinwesens. Wo diese Grundlagen erodierten, drohe nicht nur sozialer Schaden, sondern auch persönliches Leid.

Zwischen Warnung und Zuversicht

Trotz der klaren Warnungen blieb Kohlgraf nicht bei einer düsteren Diagnose stehen. Seine Predigt enthielt auch einen leisen, aber beharrlichen Ton der Zuversicht. Er verwies darauf, dass Menschen die Fähigkeit hätten, ihr Verhalten zu ändern, neue Wege zu gehen und sich bewusst gegen Hass und Verachtung zu entscheiden.

Diese Hoffnung knüpfte er an die Erfahrung von Gemeinschaft, Freundschaft und Solidarität – Werte, die aus seiner Sicht nicht verloren seien, sondern immer wieder neu belebt werden müssten.

Ein nachdenklicher Jahresausklang

Zum Ende des Jahres 2025 bleibt von Kohlgrafs Predigt vor allem ein Eindruck: die Verbindung von persönlicher Offenheit und gesellschaftlicher Verantwortung. Indem der Mainzer Bischof eigene Hassbotschaften nicht verschwieg, sondern öffentlich machte, verlieh er seiner Warnung Gewicht und Dringlichkeit.

Seine Worte wirken über den kirchlichen Raum hinaus. Sie erinnern daran, dass Hass und Verachtung keine anonymen Kräfte sind, sondern menschliche Entscheidungen – und dass es ebenso menschliche Entscheidungen braucht, um ihnen etwas entgegenzusetzen. In dieser Spannung zwischen Mahnung und Hoffnung liegt die eigentliche Botschaft, mit der Kohlgraf das Heilige Jahr 2025 beschließt.

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Als Autor für das Magazin "Nah am digitalen Rand" verbinde ich meine Germanistik-Expertise mit einem unstillbaren Interesse für redaktionell spannende Themen. Meine Leidenschaft gilt der Erforschung und dem Verständnis der digitalen Evolution unserer Sprache, ein Bereich, der mich stets zu tiefgründigen Analysen und Artikeln inspiriert.