Neues Waffengesetz beschlossen – strengere Regeln sollen sogar rückwirkend greifen

In Politik
September 04, 2025

Berlin – Mit dem neuen Waffengesetz hat die Bundesregierung einen tiefgreifenden Eingriff in den legalen Waffenbesitz beschlossen. Besonders brisant: Einige Regelungen gelten auch rückwirkend und betreffen somit bereits erworbene Waffen. Die Entscheidung sorgt für Diskussionen zwischen Befürwortern, Kritikern und betroffenen Besitzern.

Hintergrund der Verschärfung

Am 18. Juni 2025 hat das Bundeskabinett eine Verschärfung des Waffenrechts beschlossen, die am 24. Juli 2025 in Kraft trat. Auslöser waren neue technische Entwicklungen bei Druckluftwaffen, die trotz einer Energiebegrenzung von 7,5 Joule erhebliche Durchschlagskraft entfalten können. Das Bundesinnenministerium erklärte, moderne Modelle seien in der Lage, selbst Schutzwesten zu durchdringen. Bisher waren solche Waffen mit dem sogenannten „F-Zeichen“ erlaubnisfrei erwerbbar. Mit der Reform wurde der Besitz bestimmter Modelle nun erlaubnispflichtig.

Rückwirkung und ihre Bedeutung

Eine der umstrittensten Fragen lautete von Beginn an: Gilt das neue Waffengesetz auch für bereits erworbene Waffen? Hier schieden sich lange Zeit die Geister. Das Bundesinnenministerium stellte schließlich klar, dass das Gesetz grundsätzlich keine echte Rückwirkung entfaltet. Waffen, die vor dem 24. Juli 2025 rechtmäßig und erlaubnisfrei erworben wurden, bleiben auch künftig erlaubnisfrei. Allerdings gilt dies nur für bestimmte Modelle. Mehrschüssige Druckluftwaffen mit Geschosslängen über 30 Millimeter, die am oder nach dem Stichtag geprüft und mit einem „F-Zeichen“ versehen wurden, sind nun erlaubnispflichtig.

Damit handelt es sich juristisch betrachtet um eine Form der unechten Rückwirkung: Für bestimmte Konstellationen müssen Besitzer nachträglich neue Nachweise erbringen, auch wenn sie ihre Waffen bereits besitzen. Dieses Vorgehen lehnt sich an das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot an, das echte Rückwirkung – also die nachträgliche Kriminalisierung von zuvor legalem Verhalten – ausschließt.

Die rechtlichen Grundlagen

Das Rückwirkungsverbot gilt als ein zentraler Bestandteil der Rechtssicherheit. Es schützt Bürger davor, dass eine Handlung, die zum Zeitpunkt ihrer Vornahme legal war, nachträglich sanktioniert wird. In der Waffenrechtsänderung wird dieses Prinzip gewahrt, zugleich aber durch Übergangsregelungen in Teilen eingeschränkt. Das Bundesinnenministerium betonte mehrfach, dass die Neuregelung keine rückwirkende Strafbarkeit begründe, sondern eine Anpassung der Besitzrechte darstelle.

Neue Anforderungen für Waffenbesitzer

Neben der technischen Einschränkung für Druckluftwaffen bringt das Gesetz auch neue Anforderungen an Waffenbesitzer mit sich. Besonders für die Kategorien B und C, die in Österreich als Vergleich herangezogen werden, gelten künftig strengere Regeln. So wird das Mindestalter für den Erwerb von Kategorie-B-Waffen (wie Pistolen) von 21 auf 25 Jahre angehoben, für Kategorie-C-Waffen (Langwaffen, Schrotflinten) liegt es bei 21 Jahren. Diese Regelungen betreffen nicht nur neue Anträge, sondern wirken auch rückwirkend für bereits ausgestellte Waffenbesitzkarten.

Psychologische Tests und Nachschulungen

Eine weitere entscheidende Änderung betrifft die psychologische Überprüfung. Auf die Nutzerfrage „Muss ich jetzt bei nachträglichen B-Waffen psychologische Tests wiederholen?“ lautet die Antwort eindeutig: Ja. Wer seit dem 1. Juni 2025 eine Waffenbesitzkarte erworben hat, muss die neuen Testverfahren nachholen. Hinzu kommt ein zweistufiges psychologisches Prüfverfahren, das künftig nicht nur bei der Erstausstellung, sondern auch alle fünf Jahre wiederholt werden muss. Diese Regelung gilt damit ebenfalls rückwirkend.

Darüber hinaus ist eine verpflichtende Nachschulung vorgesehen, die mit einem „Waffenführerschein“ verglichen wird. Waffenbesitzer müssen künftig regelmäßig ihre Kenntnisse im sicheren Umgang nachweisen, um ihre Berechtigungen zu behalten.

Die Lage in Zahlen

Das Bundeskriminalamt veröffentlichte im Lagebild 2024 einen Rückgang der Verstöße gegen das Waffengesetz um 0,8 Prozent sowie gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz um 3,2 Prozent. Dennoch stieg die konkrete Verwendung von Schusswaffen bei Straftaten um rund fünf Prozent. Diese Zahlen deuten darauf hin, dass weniger formale Verstöße registriert wurden, der tatsächliche Einsatz von Waffen jedoch zunimmt.

NRW-Sonderauswertung

Eine Auswertung aus Nordrhein-Westfalen verdeutlicht das Verhältnis zwischen legalem und illegalem Waffenbesitz: Von 2.421 Tötungsdelikten zwischen 2019 und 2024 wurden lediglich 25 mit legalen Waffen begangen – das entspricht etwa einem Prozent. Innenminister Herbert Reul kommentierte dazu: „Eine Verschärfung des Waffengesetzes juckt Kriminelle nicht.“ Unter den 150.000 legalen Waffenbesitzern in NRW lag der Anteil der Straftäter bei nur 0,013 Prozent.

Die Praxis für Schützen und Jäger

In Foren und sozialen Medien wird das Thema kontrovers diskutiert. Nutzer im CO2air-Forum und bei Waffen-Online verweisen auf Unsicherheiten durch unklare Formulierungen im Gesetz. Besonders Sportschützen und Händler sehen sich mit praktischen Fragen konfrontiert: Welche Waffen gelten künftig als erlaubnispflichtig, und wie ist mit Altbestand umzugehen? In den Diskussionen taucht immer wieder die Frage auf: „Was bedeutet die Rückwirkung konkret für privates Schützenrecht?“ Die Antwort: Auch Sportschützen müssen die neuen Prüfungen und Nachweise erbringen, selbst wenn ihre Erlaubnis zuvor schon ausgestellt war.

Internationale Perspektiven

Die Debatte ist nicht auf Deutschland beschränkt. In Österreich wurden ähnliche Pläne vorgestellt, bei denen ebenfalls rückwirkende Elemente eine Rolle spielen. Dort sollen psychologische Gutachten nachgereicht werden müssen, wenn Waffen in den letzten zwei Jahren erworben wurden. Auch hier wird die Frage nach der rechtlichen Zulässigkeit diskutiert. Die Debatte zeigt, dass rückwirkende Eingriffe in das Waffenrecht europaweit auf dem Prüfstand stehen.

Häufige Nutzerfragen zum neuen Waffengesetz

„Welche Anforderungen gelten nun rückwirkend für Kategorie-C-Waffen?“

Alle Käufer der letzten zwei Jahre vor Inkrafttreten müssen eine Waffenbesitzkarte vorlegen und ein psychologisches Gutachten nachreichen. Damit betrifft die Neuregelung auch bereits getätigte Käufe.

„Wird das Mindestalter für den Waffenbesitz erhöht, auch rückwirkend?“

Ja, das Mindestalter für Kategorie-B-Waffen wird auf 25 Jahre angehoben, für Kategorie-C-Waffen auf 21 Jahre. Diese Änderungen gelten auch für bestehende Besitzer.

„Gibt es künftig regelmäßige Überprüfungen von Waffenbesitzern?“

Ja, alle fünf Jahre wird eine umfassende Überprüfung eingeführt, inklusive psychologischer Tests und verpflichtender Nachschulungen.

„Was sind die wichtigsten Punkte des neuen, rückwirkenden Waffenrechts?“

  • Verpflichtende psychologische Gutachten bei Erstanträgen und Wiederholungen.
  • Rückwirkung auf Waffenbesitzkarten der Kategorien B und C.
  • Erhöhung des Mindestalters für Waffenbesitz.
  • Einführung einer vierwöchigen Abkühlphase bei Erwerb.
  • Stärkere Datenaustauschpflicht der Behörden.
  • Private Waffenverkäufe nur noch über Händler.

Kritik und Befürwortung

Kritiker bemängeln vor allem die unklare Gesetzesformulierung und die Belastung für legale Waffenbesitzer. Sie sehen darin eine Kriminalisierung von Bürgern, die bislang rechtmäßig gehandelt haben. Befürworter hingegen argumentieren, dass die technischen Entwicklungen im Bereich moderner Druckluftwaffen ein Handeln notwendig machen. Das Innenministerium sieht die Reform als wichtigen Schritt zur Stärkung der inneren Sicherheit.

Der Blick nach vorn

Mit der Neufassung des Waffengesetzes steht Deutschland vor einem Balanceakt: Einerseits sollen Bürger vor gefährlichen Waffen geschützt, andererseits das Vertrauen in den Rechtsstaat bewahrt werden. Die zahlreichen Übergangsregelungen und die Diskussion über Rückwirkung zeigen, wie komplex diese Aufgabe ist. Fest steht: Für Waffenbesitzer bringt die Reform neue Pflichten und regelmäßige Prüfungen mit sich. Für den Staat bedeutet sie mehr Kontrollaufwand und den Anspruch, einheitliche Standards zu sichern. Ob das Gesetz tatsächlich mehr Sicherheit bringt oder lediglich Bürokratie erzeugt, wird sich in den kommenden Jahren erweisen.

Avatar
Redaktion / Published posts: 2314

Als Autor für das Magazin "Nah am digitalen Rand" verbinde ich meine Germanistik-Expertise mit einem unstillbaren Interesse für redaktionell spannende Themen. Meine Leidenschaft gilt der Erforschung und dem Verständnis der digitalen Evolution unserer Sprache, ein Bereich, der mich stets zu tiefgründigen Analysen und Artikeln inspiriert.