NRW-Stichwahlen: Wer tatsächlich eine wahre Niederlage erfahren hat

In Politik
September 29, 2025

Düsseldorf – Die Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen 2025 haben für die Alternative für Deutschland (AfD) ein widersprüchliches Ergebnis gebracht. Zwar konnte die Partei ihren Stimmenanteil bei den Rats- und Kreistagswahlen deutlich steigern, in den entscheidenden Stichwahlen um Oberbürgermeisterämter blieb sie jedoch chancenlos. Trotz großer Aufmerksamkeit und dreier Kandidaturen in bedeutenden Städten scheiterte die AfD klar gegen SPD und CDU.

Ein Wahltag mit doppelter Botschaft

Wachstum auf der kommunalen Ebene

Die AfD verzeichnete am 14. September 2025 bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen einen bemerkenswerten Zuwachs. Landesweit erzielte sie 14,5 % der Stimmen, was einem Plus von über neun Prozentpunkten gegenüber den vorherigen Wahlen entspricht. Damit erreichte die Partei über 1,1 Millionen Stimmen und zog in zahlreiche Räte und Kreistage mit gestärkter Fraktion ein. Besonders in Städten wie Mülheim an der Ruhr oder Gelsenkirchen konnte die Partei zweistellige Zugewinne verbuchen und sich so auf der Ebene der kommunalen Vertretungen festsetzen.

Die Niederlagen in den Stichwahlen

Nur zwei Wochen später, am 28. September 2025, zeigte sich jedoch die Grenze dieser Erfolge. In gleich drei Städten – Gelsenkirchen, Duisburg und Hagen – hatte die AfD Kandidaten in die Stichwahl um das Amt des Oberbürgermeisters gebracht. Doch die Ergebnisse fielen für die Partei ernüchternd aus:

  • Gelsenkirchen: Norbert Emmerich unterlag klar gegen SPD-Kandidatin Andrea Henze, die 66,9 % der Stimmen auf sich vereinen konnte.
  • Duisburg: Carsten Groß erzielte lediglich 21,4 %, Amtsinhaber Sören Link (SPD) kam auf überwältigende 78,6 %.
  • Hagen: CDU-Kandidat Rehbein gewann mit 71,7 %, während AfD-Anwärter Eiche bei 28,3 % blieb.

Damit endeten alle drei Versuche, die Spitzenämter zu erobern, in klaren Niederlagen. Die „Verliererin der Stichwahlen“ war somit eindeutig die AfD, obwohl sie im Vorfeld mit wachsenden Umfragewerten für Schlagzeilen gesorgt hatte.

Die Rolle der etablierten Parteien

CDU und SPD als Schutzwall

Eine zentrale Frage lautete nach den Stichwahlen: Gab es Kooperationen zwischen SPD und CDU zur Verhinderung von AfD-Siegen in den Stichwahlen? Die Antwort fällt eindeutig aus: Ja. Beide Volksparteien hatten bereits vor der Wahl signalisiert, dass sie sich im Zweifel gegenseitig unterstützen würden, um einen Erfolg der AfD zu verhindern. Dieses Signal wirkte mobilisierend und trug dazu bei, dass AfD-Kandidaten bei den zweiten Wahlgängen keine Chance erhielten.

Historische Verschiebungen in Dortmund

Während die AfD verlor, erlebte die SPD eine eigene historische Niederlage. In Dortmund, einer ihrer jahrzehntelangen Hochburgen, unterlag die Partei erstmals seit rund 80 Jahren. Die CDU mit Alexander Kalouti gewann das Oberbürgermeisteramt und setzte ein symbolträchtiges Zeichen. Damit wurde der Wahlabend nicht nur zum Tag der AfD-Niederlagen, sondern auch zu einem Wendepunkt für die Sozialdemokraten.

Analyse der AfD-Ergebnisse

Warum konnte kein AfD-Kandidat die Stichwahl in NRW gewinnen?

Die Antwort liegt in einer Mischung aus strukturellen Faktoren und Wahlverhalten. Zwar erzielte die Partei in den ersten Wahlgängen beeindruckende Ergebnisse – in Gelsenkirchen lagen AfD und SPD nahezu gleichauf – doch in den Stichwahlen griffen mehrere Effekte:

  • Starke Mobilisierung demokratischer Wählerlager durch den Wunsch, AfD-Kandidaten zu verhindern.
  • Überdurchschnittliche Wahlbeteiligung in den Stichwahl-Städten, die eher etablierten Parteien zugutekommt.
  • Lokale Themen, bei denen AfD-Kandidaten weniger durchdrangen als erwartet, etwa Wirtschaftsförderung und Stadtentwicklung.

So blieb die AfD trotz breiter Aufmerksamkeit ohne Machtgewinn auf höchster kommunaler Ebene.

Wahlbeteiligung als entscheidender Faktor

Eine weitere Nutzerfrage lautete: Welche Rolle spielte die Wahlbeteiligung bei den Stichwahlen in NRW? Experten verweisen darauf, dass die höhere Beteiligung ein entscheidender Baustein war. Mit rund 58,5 % lag sie deutlich über dem Niveau vergangener Stichwahlen. Diese Mobilisierung ging vor allem zulasten der AfD, da sie zwar eine feste Stammwählerschaft besitzt, aber von hohen Beteiligungsraten meist nicht profitiert.

Zwischen Zugewinnen und Grenzen

Ein Paradox prägt das Bild: Während die AfD auf Ebene der Stadträte und Kreistage ihren Einfluss massiv ausbauen konnte, blieb ihr der Weg in die Rathäuser versperrt. Ein Politikwissenschaftler brachte es auf den Punkt: Die AfD sei auf kommunaler Ebene „am Ende der Fahnenstange angekommen“. Damit meinte er, dass die Partei zwar in Räten eine Rolle spielt, aber die entscheidenden Ämter weiterhin außer Reichweite bleiben.

Gesellschaftliche und politische Reaktionen

Symbolische Gegenwehr aus der Zivilgesellschaft

In sozialen Netzwerken zeigte sich, wie stark die Wahl lokal emotionalisiert wurde. In Gelsenkirchen etwa kursierte der Satz „Schalke bleibt das einzige Blau in dieser Stadt“ – ein humorvoller, aber klarer Hinweis auf den Widerstand gegen eine mögliche AfD-Bürgermeisterschaft. Solche Kampagnen aus der Bevölkerung ergänzten die strategischen Allianzen der Parteien.

AfD-Reaktionen nach den Niederlagen

In Pressekonferenzen nach der Wahl betonte die AfD, dass sie trotz der verlorenen Stichwahlen gestärkt aus dem Wahljahr gehe. Man habe die Stimmen fast verdreifacht, so die Argumentation. Dennoch räumte ein Sprecher ein, dass der erhoffte Durchbruch ausgeblieben sei: „Wir haben ein blaues Auge kassiert, aber wir stehen.“

Die Sicht internationaler Beobachter

Auch internationale Medien nahmen die Ergebnisse wahr. Reuters sprach von „neuen Kopfschmerzen für die deutsche Koalition“: Zwar habe die CDU die meisten Stimmen gewonnen, doch die wachsende AfD-Stärke zeige tiefer liegende gesellschaftliche Spannungen, vor allem in Fragen von Migration und wirtschaftlicher Stagnation. Für die Regierungsparteien bedeute das eine dauerhafte Herausforderung.

Fokus auf einzelne Städte

Gelsenkirchen als Prüfstein

In Gelsenkirchen zeigte sich besonders deutlich, wie ambivalent die Lage für die AfD war. Im ersten Wahlgang lag ihr Kandidat mit knapp 30 % fast gleichauf mit der SPD. Doch in der Stichwahl mobilisierte die Gegenkampagne erfolgreich: Andrea Henze von der SPD gewann mit doppeltem Vorsprung. Dieses Ergebnis gilt als exemplarisch für die Muster der Stichwahl.

Duisburg: Deutlicher Rückhalt für Amtsinhaber

In Duisburg trat der SPD-Oberbürgermeister Sören Link mit klarer Amtsbonus-Situation an. Die AfD konnte mit Carsten Groß zwar Aufsehen erregen, doch am Ende fiel das Ergebnis mit über 78 % für Link deutlich aus. Die Wähler in Duisburg zeigten sich wenig geneigt, ein politisches Experiment einzugehen.

Hagen: CDU dominiert den Wahlabend

In Hagen schließlich setzte die CDU mit Rehbein ein klares Zeichen. Mit über 70 % ließ er den AfD-Kandidaten weit hinter sich. Dieses Ergebnis verdeutlicht, dass auch konservative Wählergruppen in Nordrhein-Westfalen nicht automatisch in Richtung AfD abwandern, wenn die CDU geschlossen auftritt.

Weitere Nutzerfragen und Antworten integriert

In welchen Städten hatte die AfD eine realistische Chance auf OB-Ämter?

Die AfD erreichte nur in drei Städten die Stichwahl: Gelsenkirchen, Duisburg und Hagen. Realistische Chancen bestanden am ehesten in Gelsenkirchen, wo der erste Wahlgang knapp ausfiel. In den anderen Städten erwiesen sich die Amtsinhaber und etablierten Parteien als zu stark.

Welche symbolische Bedeutung hat der Verlust von Dortmund für die SPD?

Der Verlust von Dortmund markierte einen historischen Einschnitt. Nach fast 80 Jahren verlor die SPD ihre Hochburg an die CDU. Beobachter sehen darin mehr als nur ein lokales Ergebnis: Es deutet auf eine strukturelle Verschiebung hin, die bundespolitisch wahrgenommen wird und für die SPD schwer wiegt.

Tabellarische Übersicht der Kernzahlen

StadtAfD-Ergebnis StichwahlGegner und Ergebnis
Gelsenkirchen33,1 %SPD Andrea Henze: 66,9 %
Duisburg21,4 %SPD Sören Link: 78,6 %
Hagen28,3 %CDU Rehbein: 71,7 %

Abschließende Betrachtung: Ein Abend mit widersprüchlichen Botschaften

Die NRW-Kommunalwahlen 2025 bleiben in Erinnerung als Wahl mit doppelter Botschaft: Auf der einen Seite hat die AfD ihren Einfluss in Stadträten und Kreistagen erheblich ausgebaut und ihre Rolle als Protestpartei gestärkt. Auf der anderen Seite zeigte sich aber, dass die Partei bei entscheidenden Ämtern eine klare Abwehrfront der übrigen Parteien und der Zivilgesellschaft vorfindet. Die Niederlagen in den Stichwahlen unterstreichen die Grenzen ihres Erfolges und machen deutlich, dass ihr Weg in Rathäuser und Spitzenämter weiterhin blockiert ist. Für SPD und CDU wiederum bedeutete dieser Wahlabend sowohl Chancen als auch Risiken: historische Verluste wie in Dortmund auf der einen Seite, Erfolge bei der Abwehr der AfD auf der anderen. Nordrhein-Westfalen hat damit ein ambivalentes Bild gezeichnet, das über die Landesgrenzen hinaus wirkt und die politischen Debatten in Deutschland nachhaltig prägen dürfte.

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Als Autor für das Magazin "Nah am digitalen Rand" verbinde ich meine Germanistik-Expertise mit einem unstillbaren Interesse für redaktionell spannende Themen. Meine Leidenschaft gilt der Erforschung und dem Verständnis der digitalen Evolution unserer Sprache, ein Bereich, der mich stets zu tiefgründigen Analysen und Artikeln inspiriert.