
Hamburg – Der viel beachtete Block-Prozess sorgt für eine neue Wendung. Einer der mutmaßlichen Entführer hat über seinen Anwalt angekündigt, sich dem Verfahren in Deutschland stellen zu wollen. Damit gewinnt das spektakuläre Verfahren, das seit Monaten für Schlagzeilen sorgt, eine zusätzliche Brisanz und Dynamik.
Ein Verfahren mit internationaler Dimension
Der Block-Prozess wird in Hamburg geführt und zählt zu den aufsehenerregendsten Strafverfahren der vergangenen Jahre. Im Zentrum steht Christina Block, bekannte Unternehmerin aus Hamburg, die beschuldigt wird, die Entführung ihrer eigenen Kinder in Auftrag gegeben zu haben. Die Entführung ereignete sich in der Silvesternacht 2023/24, als mehrere Männer den Vater Stephan Hensel in Süddänemark überfielen und die beiden Kinder nach Deutschland brachten. Kurz darauf entschied ein Gericht in Hamburg, dass die Kinder wieder an den Vater in Dänemark zurückgegeben werden mussten.
Die Rolle von Tzach K.
Besondere Aufmerksamkeit erregte jüngst die Ankündigung von Tzach K., einem der mutmaßlichen Entführer. Über seinen Anwalt ließ er mitteilen: „Mein Mandant möchte sich dem Verfahren stellen und seine Sicht der Dinge schildern.“ In einem israelischen Fernsehinterview sagte er, er habe die Kinder mit einem Fahrzeug transportiert, sei aber davon ausgegangen, dass es sich um eine Rettungsaktion handle, die mit deutschen Behörden abgestimmt gewesen sei. Seine Aussagen könnten den Prozess maßgeblich beeinflussen und neue Perspektiven eröffnen.
Vorwürfe und Anklagepunkte
Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat eine umfangreiche Anklage erhoben. Diese umfasst unter anderem:
- gemeinschaftliche schwere Entziehung Minderjähriger,
- gefährliche Körperverletzung,
- Freiheitsberaubung,
- schwere Misshandlung Schutzbefohlener.
Christina Block weist alle Vorwürfe zurück. Sie bestreitet, die Entführung in Auftrag gegeben zu haben, und wirft der Anklage Fehler und Vorurteile vor. Ihre Verteidiger machen geltend, sie sei in ein fehlerhaftes Ermittlungsverfahren geraten.
Neue Wendungen im Block-Prozess
Interview mit dem Angeklagten
Das Interview mit dem israelischen Fernsehsender „Channel 12“ hat dem Fall zusätzliche Aufmerksamkeit gebracht. Tzach K. erklärte dort, er habe geglaubt, Teil einer „Heldengeschichte“ zu sein. Er behauptete zudem, nach der Entführung sei er mit weiteren Beteiligten ins Hamburger Hotel „Grand Elysée“ zurückgekehrt, wo Christina Block anwesend gewesen sein soll. Laut seinen Schilderungen habe man dort gemeinsam angestoßen. Block bestreitet diese Darstellung vehement.
Reaktionen der Verteidigung
Die Anwälte von Christina Block stellen klar, dass ihre Mandantin keine Feier im Hotel abgehalten habe und dass die Aussagen von Tzach K. nicht glaubwürdig seien. Sie betonen, ihre Mandantin wolle sich zwar vor Gericht äußern, mache jedoch von ihrem Recht Gebrauch, keine Fragen der Nebenklage zu beantworten. Dieses Vorgehen erklärt, warum sie bestimmte Befragungen durch den Anwalt des Ex-Mannes verweigert.
Die Rolle des Ex-Mannes
Stephan Hensel, der Vater der Kinder, ist als Nebenkläger im Verfahren vertreten. Er schilderte vor Gericht, wie er in der Tatnacht überfallen und niedergeschlagen wurde. Zudem wirft er Christina Block vor, die Kinder seien in ihrem Umfeld wiederholt Gewalt und Schikanen ausgesetzt gewesen. „Alle Kinder haben Gewalterfahrungen bei Frau Block erlebt“, so seine Worte im Gerichtssaal. Seine Sichtweise verdeutlicht die tiefe Zerrissenheit und das Konfliktpotenzial des Falls.
Juristische und politische Dimensionen
Unterschiedliche Rechtssysteme
Eine Kernfrage im Block-Prozess betrifft die Anerkennung von Sorgerechtsentscheidungen zwischen Deutschland und Dänemark. Während Christina Block nach deutschem Gerichtsbeschluss das Aufenthaltsbestimmungsrecht innehatte, erkennen dänische Gerichte deutsche Entscheidungen nicht automatisch an, wenn der Lebensmittelpunkt der Kinder in Dänemark liegt. Diese Rechtskonflikte erschweren den Fall erheblich.
Weitere Ermittlungen gegen prominente Personen
Im Umfeld des Verfahrens wird auch gegen den ehemaligen BND-Präsidenten August Hanning ermittelt. Durchsuchungen seiner Wohn- und Geschäftsräume ergaben Verdachtsmomente, dass er und ein Geschäftspartner in geplante Entführungsaktionen involviert gewesen sein könnten. Ermittler sprechen von Geldflüssen in Höhe von über 100.000 Euro. Es geht auch um den Verdacht, den Kindesvater durch Falschvorwürfe diskreditieren zu wollen.
Finanzielle Auffälligkeiten
Im Prozess spielen auffällige Geldbewegungen eine Rolle. So belegen Kontoauszüge Barabhebungen von über 120.000 Euro. Die Anklage sieht darin mögliche Zahlungen für die Organisation der Entführung. Block selbst bestreitet, dass diese Gelder mit den Vorwürfen in Verbindung stehen.
Fragen aus der Öffentlichkeit
Warum glaubt Tzach K., es sei eine Rettungsaktion gewesen?
Tzach K. erklärte mehrfach, er sei in dem Glauben gewesen, dass die Aktion mit Behörden abgestimmt sei und er im Sinne des Kindeswohls handele. Seine Aussagen werfen Fragen nach Kommunikation, Organisation und möglichen Täuschungen innerhalb der Gruppe auf.
Wie verteidigt sich Christina Block im Detail?
Christina Block betont, sie habe keine Entführung angeordnet. Ihre Verteidigung spricht von einer Kampagne der Staatsanwaltschaft und zweifelt die Glaubwürdigkeit der Belastungszeugen an. Sie bestreitet auch, dass sie Feiern nach der Tat besucht habe, und stellt klar, dass sie nicht Teil einer kriminellen Planung gewesen sei.
Welche weiteren Angeklagten sind beteiligt?
Auf der Anklagebank sitzen neben Christina Block auch ihr Lebensgefährte, mehrere Israelis – darunter Tzach K. – sowie Personen aus dem engeren Umfeld der Familie. Die Rollen reichen von der Planung bis hin zur direkten Beteiligung an der Tatnacht.
Wie lange wird der Prozess dauern?
Das Landgericht Hamburg hat bereits 37 Verhandlungstermine bis Dezember 2025 angesetzt. Experten gehen davon aus, dass ein rechtskräftiges Urteil erst 2026 vorliegen könnte. Damit zeichnet sich einer der längsten und komplexesten Prozesse der jüngeren Zeit ab.
Mediale Aufmerksamkeit und gesellschaftliche Diskussion
Debatten in sozialen Medien
In Foren und sozialen Netzwerken diskutieren Nutzer kontrovers über den Block-Prozess. Dabei geht es nicht nur um die Frage der Schuld, sondern auch um die Rolle von Eliten, die Glaubwürdigkeit von Aussagen und die Verantwortung der Justiz. Manche Beiträge sehen in dem Verfahren ein Beispiel für Machtmissbrauch, andere betonen die Notwendigkeit eines klaren Fokus auf das Kindeswohl.
Betroffenen-Perspektiven
Elternforen weisen auf die besondere Belastung der Kinder hin. Dort wird diskutiert, dass sowohl Mutter als auch Vater Verantwortung tragen, um eine Eskalation zu vermeiden. Der Prozess wird auch als Symbol für das schwierige Spannungsfeld zwischen medialer Darstellung und tatsächlichem Kindeswohl betrachtet.
Der Block-Prozess ist mehr als nur ein Strafverfahren gegen eine prominente Hamburger Unternehmerin. Er offenbart tiefe familiäre Konflikte, internationale rechtliche Verwerfungen und mögliche Verstrickungen prominenter Persönlichkeiten. Mit der Bereitschaft von Tzach K., nach Deutschland zu kommen und seine Sicht der Dinge zu schildern, erhält das Verfahren eine neue Dimension. Gleichzeitig bleiben viele Fragen offen – von der Rolle weiterer Angeklagter bis hin zu den rechtlichen Anerkennungsproblemen zwischen Deutschland und Dänemark.
Es wird deutlich, dass dieser Prozess nicht nur juristisch, sondern auch gesellschaftlich weitreichende Bedeutung hat. Er rührt an zentrale Themen wie Vertrauen in staatliche Institutionen, die Verantwortung von Eltern im Sorgerechtsstreit und die Frage, wie Medien über solch komplexe Verfahren berichten sollten. Das Verfahren wird die öffentliche Aufmerksamkeit auch in den kommenden Monaten und Jahren binden – und möglicherweise zu einem Präzedenzfall für ähnliche internationale Sorgerechtskonflikte werden.