Kulturgemeinschaft Stuttgart e.V.: Ein Blick hinter die Kulissen einer traditionsreichen Institution

In Stuttgart
September 23, 2025

Stuttgart. Seit hundert Jahren prägt die Kulturgemeinschaft Stuttgart e.V. das kulturelle Leben der baden-württembergischen Landeshauptstadt. Gegründet im Jahr 1924, hat sie sich von einer Volksbühne für Arbeiterinnen und Arbeiter zu einer der wichtigsten Kulturplattformen der Region entwickelt. Heute steht sie für Vielfalt, Teilhabe und die Verbindung von Tradition und Moderne.

Eine Institution mit Geschichte

Von der Volksbühne zur Kulturgemeinschaft

Die Ursprünge der Kulturgemeinschaft Stuttgart e.V. reichen in die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg zurück. 1924 wurde die „Stuttgarter Volksbühne e.V.“ gegründet, inspiriert von der Arbeiterbildungsbewegung. Das Ziel war klar: Kultur sollte nicht nur einer wohlhabenden Elite vorbehalten sein, sondern Menschen aller Schichten zugänglich gemacht werden. Schon damals galt das Leitmotiv „Kultur für alle“.

Brüche und Neuanfänge

Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde die Arbeit der Volksbühne massiv eingeschränkt. 1934 erfolgte die Umbenennung in „Kulturgemeinde Stuttgart“. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg konnte sich die Organisation mit Hilfe des Deutschen Gewerkschaftsbundes neu gründen und wieder zu einem Motor des kulturellen Lebens werden. 1946 erhielt sie die heutige Form als gemeinnütziger, eingetragener Verein, der bis heute über Mitgliederbeiträge und Förderungen getragen wird.

Das Angebot im Überblick

Breite kulturelle Vielfalt

Heute umfasst das Programm der Kulturgemeinschaft alle Sparten der Kultur. Ob klassische Konzerte, Theaterstücke, Opern, Ballettaufführungen, Literaturabende, Jazzkonzerte, Kinovorstellungen oder Museumsführungen – die Bandbreite ist beeindruckend. Jedes Jahr erscheint ein rund 200 Seiten starkes Jahresprogramm, das den Mitgliedern zugeschickt wird und sämtliche Veranstaltungen bündelt. Ergänzt wird dies durch die vereinseigene Zeitung KULTUR, die zehnmal im Jahr erscheint und aktuelle Themen, Hintergründe und Interviews bietet.

Kooperation mit über 50 Partnern

Die Kulturgemeinschaft arbeitet eng mit einer Vielzahl von Institutionen zusammen. Dazu gehören renommierte Häuser wie das Staatstheater Stuttgart, die Liederhalle, das Theaterhaus Stuttgart, die Arthaus-Kinos, das Literaturhaus, der BIX Jazzclub sowie bedeutende Museen wie die Staatsgalerie oder das Kunstmuseum Stuttgart. Diese Partnerschaften sichern ein Programm, das weit über die Grenzen der Stadt hinausstrahlt.

Mitgliedschaft und Vorteile

Viele Interessierte fragen sich: Was kostet eine Mitgliedschaft bei der Kulturgemeinschaft Stuttgart und welche Vorteile habe ich damit? Eine Mitgliedschaft bringt zahlreiche Privilegien mit sich. Neben ermäßigten Kartenpreisen profitieren Mitglieder vom sogenannten Last-Minute-Ticket-Service, bei dem am Veranstaltungstag Tickets zum halben Preis erhältlich sind. Zusätzlich ist das Ticket zugleich ein VVS-Fahrschein, wodurch die Anreise im öffentlichen Nahverkehr inbegriffen ist. Auch der Bezug der Vereinszeitschrift und ein unkomplizierter Kartentausch zählen zu den Vorteilen.

Soziale Verantwortung und Teilhabe

Kultur für alle – gelebte Praxis

Ein zentrales Anliegen der Kulturgemeinschaft Stuttgart ist es, kulturelle Teilhabe für alle zu ermöglichen. Besonders sichtbar wird dies in der Kooperation mit dem Projekt „Bonuscard + Kultur“. Hierbei stellt der Verein für viele Veranstaltungen ein Kontingent an Freikarten zur Verfügung. Pro klassischem Konzert gibt es zehn Karten, die von Berechtigten kostenfrei abgeholt werden können. Auf diese Weise öffnet die Kulturgemeinschaft den Zugang zu Kunst und Kultur auch für Menschen mit geringen finanziellen Mitteln.

Barrierefreiheit und Ermäßigungen

Auch Menschen mit Behinderung profitieren von Vergünstigungen und angepassten Angeboten. Die Geschäftsstelle informiert persönlich über die Ermäßigungen und unterstützt bei der Ticketbuchung. Dies verdeutlicht den Anspruch, niemanden auszuschließen.

Herausforderungen und Konflikte

Die Corona-Krise und ihre Folgen

Die Pandemie ab 2020 stellte die Kulturgemeinschaft vor existenzielle Probleme. Vom 13. März an mussten sämtliche Veranstaltungen abgesagt werden. Elf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden in Kurzarbeit geschickt, während Fixkosten weiterliefen. Auch die Kontingente an Karten, die von Spielstätten zur Verfügung gestellt wurden, brachen auf nur noch 20 Prozent des üblichen Niveaus ein. Rund zehn Prozent der Mitglieder kündigten ihr Abonnement, viele aus Frust über abgesagte Veranstaltungen. Diese Zahlen zeigen, wie verletzlich selbst traditionsreiche Kulturinstitutionen in Krisenzeiten sind.

Rabattkürzungen und Konflikte mit Partnern

Ein weiterer Streitpunkt entstand durch die Kürzung von Rabatten beim Staatstheater Stuttgart. Über Jahrzehnte hatte die Kulturgemeinschaft vergünstigte Konditionen beim Kartenbezug erhalten, die sie an ihre Mitglieder weitergab. Mit den Kürzungen wurde diese Grundlage infrage gestellt. Kritiker befürchten, dass damit der ursprüngliche Gedanke der Preisgerechtigkeit für Mitglieder unterlaufen wird. Der Verein macht deutlich, dass steigende Eintrittspreise die Teilhabe erschweren könnten.

Aktuelle Projekte und Jubiläum

100 Jahre Kulturgemeinschaft

Im Jahr 2024 feierte die Kulturgemeinschaft Stuttgart e.V. ihr 100-jähriges Jubiläum. Unter dem Motto „Kultur für alle“ wurde ein mehrtägiges Festprogramm organisiert. Es umfasste Konzerte, Theateraufführungen, Workshops und eine kulturpolitische Tagung. Besonders hervorgehoben wurde dabei die Bedeutung des Vereins als Brücke zwischen den großen Kulturinstitutionen und der Bevölkerung.

Förderung von Kunstprojekten

Auch inhaltlich zeigt sich die Kulturgemeinschaft engagiert. So unterstützte sie jüngst die Auftragskomposition „Urban Places“ des Jazzmusikers Libor Šíma mit 10.000 Euro. Ein weiteres Förderprojekt war die Produktion eines Imagefilms von Absolventinnen und Absolventen der Filmakademie Ludwigsburg – ebenfalls mit 10.000 Euro bedacht. Diese Projekte unterstreichen die Rolle des Vereins als Förderer nicht nur der großen Häuser, sondern auch des künstlerischen Nachwuchses.

Praktische Informationen für Interessierte

Wie erhalte ich das Jahresprogramm der Kulturgemeinschaft Stuttgart?

Das Jahresprogramm wird allen Mitgliedern kostenlos zugesandt. Zudem kann es online eingesehen werden. Auf über 200 Seiten finden sich die Termine und Details aller Veranstaltungen, sodass Interessierte ihre Kulturplanung frühzeitig gestalten können.

Kann man ohne Mitgliedschaft Veranstaltungen besuchen?

Viele Veranstaltungen sind auch ohne Mitgliedschaft zugänglich. In diesem Fall entfällt allerdings der Preisvorteil, ebenso wie der Zugang zu speziellen Services wie dem Last-Minute-Ticket. Dennoch ist der Besuch möglich, was die Offenheit des Vereins unterstreicht.

Wo befindet sich die Geschäftsstelle?

Die Geschäftsstelle der Kulturgemeinschaft Stuttgart liegt zentral in der Willi-Bleicher-Straße 20. Sie ist montags bis freitags von 10:00 bis 18:00 Uhr geöffnet und bietet persönliche Beratung, Ticketverkauf sowie Informationen zu Mitgliedschaft und Programmen.

Ein Blick auf die digitale Präsenz

Aktivitäten in sozialen Medien

Die Kulturgemeinschaft Stuttgart nutzt zunehmend soziale Netzwerke, um mit dem Publikum in Kontakt zu treten. Auf Instagram werden Künstlerinnen und Künstler vorgestellt, Konzertreihen beworben und interaktive Reels geteilt. Auf Facebook locken Mitmachaktionen wie „Rätsel statt Brezel“ oder Teaser zum Jahresprogramm, während LinkedIn die Organisationsstruktur und Ansprechpartner sichtbar macht. Diese digitale Öffnung trägt dazu bei, auch jüngere Zielgruppen für Kultur zu gewinnen.

Community und Austausch

Die Reaktionen in den sozialen Medien zeigen, dass die Gemeinschaftsidee bis heute lebendig ist. Mitglieder teilen Eindrücke von Veranstaltungen, diskutieren Programmhighlights und zeigen damit, dass die Kulturgemeinschaft weit mehr als ein Ticketanbieter ist: Sie ist eine Plattform für Austausch und Begeisterung.

Abschluss: Die Zukunft der Kulturgemeinschaft Stuttgart

Hundert Jahre nach ihrer Gründung bleibt die Kulturgemeinschaft Stuttgart e.V. ein fester Bestandteil des kulturellen Lebens der Region. Trotz Krisen, Streitigkeiten und strukturellen Herausforderungen gelingt es ihr, ihr zentrales Ziel zu verfolgen: Kultur für alle zugänglich zu machen. Mit über 50 Partnern, einem breiten Programm und klarer sozialer Verantwortung hat sich der Verein als Brücke zwischen den großen Institutionen und den Menschen in der Stadt etabliert. Digitale Präsenz, gezielte Förderprojekte und ein starkes Engagement für soziale Teilhabe zeigen, dass die Kulturgemeinschaft auch im 21. Jahrhundert eine tragende Rolle spielen wird. Die nächsten Jahre werden darüber entscheiden, wie erfolgreich es gelingt, jüngere Generationen zu gewinnen, finanzielle Stabilität zu sichern und die Balance zwischen Tradition und Innovation zu halten. Doch schon jetzt lässt sich feststellen: Ohne die Kulturgemeinschaft wäre das kulturelle Gesicht Stuttgarts deutlich ärmer.

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Als Autor für das Magazin "Nah am digitalen Rand" verbinde ich meine Germanistik-Expertise mit einem unstillbaren Interesse für redaktionell spannende Themen. Meine Leidenschaft gilt der Erforschung und dem Verständnis der digitalen Evolution unserer Sprache, ein Bereich, der mich stets zu tiefgründigen Analysen und Artikeln inspiriert.