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Burkina Faso verabschiedet umstrittenes Gesetz gegen Homosexualität

In Aktuelles
September 02, 2025
Ouagadougou – In Burkina Faso hat das Übergangsparlament ein Gesetz verabschiedet, das Homosexualität unter Strafe stellt. Mit bis zu fünf Jahren Gefängnis und hohen Geldbußen drohen den Betroffenen harte Konsequenzen. Menschenrechtsorganisationen, Aktivisten und internationale Beobachter schlagen Alarm und warnen vor weitreichenden Folgen für Gesellschaft und Politik.

Ein historischer Einschnitt für Burkina Faso

Bis vor kurzem gehörte Burkina Faso zu den afrikanischen Staaten, in denen gleichgeschlechtliche Beziehungen legal waren. Anders als in vielen Nachbarländern existierte zwar kein Schutz vor Diskriminierung, dennoch war das Leben für LGBTQ-Personen zumindest auf rechtlicher Ebene möglich. Mit dem neuen Gesetz vollzieht das westafrikanische Land jedoch eine radikale Kehrtwende. Seit dem 1. September 2025 sind homosexuelle Handlungen offiziell strafbar.

Das Gesetz sieht Haftstrafen von zwei bis fünf Jahren vor. Zusätzlich können Geldstrafen verhängt werden, die vor allem für junge Menschen eine enorme Belastung darstellen. Besonders brisant ist eine Klausel, nach der auch die „Förderung“ oder „Propagierung“ von Homosexualität unter Strafe gestellt werden kann. Damit geraten nicht nur Betroffene selbst, sondern auch Organisationen oder Unterstützer ins Visier der Behörden.

Politischer Kontext: Die Rolle der Militärjunta

Seit dem Putsch im Jahr 2022 wird Burkina Faso von einer Militärjunta unter Führung von Ibrahim Traoré regiert. Das Übergangsparlament, das nicht demokratisch gewählt ist, verabschiedete die Gesetzesnovelle einstimmig. Justizminister Edasso Rodrigue Bayala stellte das Vorhaben als Teil einer umfassenden Reform des Familienrechts vor. Neben Fragen zur Ehe und Staatsbürgerschaft wurde auch die Kriminalisierung der Homosexualität integriert.

Die Militärführung begründet das Vorgehen mit dem Schutz „traditioneller Werte“ und der Bewahrung der Gesellschaft. Kritiker sehen hingegen einen Versuch, von den anhaltenden Sicherheitsproblemen abzulenken. Burkina Faso leidet seit Jahren unter Terroranschlägen und bewaffneten Konflikten, die große Teile des Landes destabilisieren. Mehr als zwei Millionen Menschen sind bereits auf der Flucht.

Reaktionen aus der Bevölkerung und der Community

Die LGBTQ-Community im Land reagiert mit Angst und Verzweiflung. „Wir lebten schon vorher versteckt, aber jetzt fordert man uns auf, gar nicht mehr zu existieren“, zitiert ein spanisches Medium einen Betroffenen. Viele meiden inzwischen öffentliche Plätze, warnen sich gegenseitig in Chatgruppen und versuchen, so wenig wie möglich aufzufallen. Berichte über Erpressungen und Drohungen haben zugenommen.

In sozialen Medien entstehen hitzige Debatten. Während einige Nutzer das Gesetz als Verteidigung nationaler Werte begrüßen, zweifeln andere sogar an seiner Existenz und sprechen von „Propaganda des Westens“. Diese widersprüchlichen Stimmen zeigen, wie stark das Thema polarisiert und wie viel Unsicherheit herrscht.

Internationale Dimension: Einfluss von außen

Das neue Gesetz reiht sich in eine breitere Entwicklung auf dem afrikanischen Kontinent ein. Länder wie Uganda oder Ghana haben in den vergangenen Jahren ähnliche Verschärfungen ihrer Gesetzgebung vorgenommen. Beobachter verweisen auf den wachsenden Einfluss konservativer Organisationen aus Europa und den USA, die gezielt Kampagnen gegen LGBTQ-Rechte in Afrika unterstützen. Konferenzen, die sogenannte „Familienwerte“ propagieren, dienen als Plattform für den Austausch und die Durchsetzung restriktiver Politiken.

Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und Human Rights Watch kritisieren den Schritt scharf. Sie sehen in der Gesetzgebung nicht nur eine Verletzung grundlegender Freiheitsrechte, sondern auch eine Gefährdung der internationalen Zusammenarbeit. Entwicklungsprojekte könnten in Mitleidenschaft gezogen werden, wenn Geberländer Sanktionen verhängen oder ihre Unterstützung überdenken.

Häufig gestellte Fragen rund um das Gesetz

Ist Homosexualität in Burkina Faso illegal?

Ja, seit September 2025 gilt ein explizites Verbot. Homosexuelle Handlungen sind strafbar und werden von den Behörden aktiv verfolgt. Damit unterscheidet sich Burkina Faso deutlich von seiner früheren Rechtslage, in der gleichgeschlechtliche Beziehungen zwar nicht anerkannt, aber auch nicht kriminalisiert waren.

Welche Strafen drohen in Burkina Faso für homosexuelle Handlungen?

Das Gesetz sieht Haftstrafen zwischen zwei und fünf Jahren vor. Zusätzlich können hohe Geldbußen verhängt werden. Für ausländische Staatsangehörige besteht die Gefahr, dass sie nach Verbüßung der Strafe abgeschoben werden. Besonders kritisch ist die Auslegung des Begriffs „Förderung“, der auch Unterstützer treffen könnte.

Wann wurde das Gesetz verabschiedet?

Der Gesetzesentwurf stammt aus Juli 2024 und wurde damals vom Ministerrat unterzeichnet. Nach Beratungen im Übergangsparlament trat die Regelung am 1. September 2025 offiziell in Kraft. Mit diesem Schritt vollzog Burkina Faso eine scharfe Abkehr von seiner bisherigen Rechtslage.

Wer hat das Gesetz eingebracht?

Die Initiative ging von der Militärregierung unter Ibrahim Traoré aus. Justizminister Edasso Rodrigue Bayala erklärte das Gesetz öffentlich und nannte es eine notwendige Maßnahme zum Schutz gesellschaftlicher Normen. Internationale Beobachter sehen jedoch vor allem den Versuch, politische Macht zu festigen und Kritik von innen wie außen abzuwehren.

Gibt es Schutz vor Diskriminierung für LGBTQ-Personen?

Nein. Burkina Faso hatte auch vor 2025 keine rechtliche Anerkennung für gleichgeschlechtliche Partnerschaften und keine spezifischen Antidiskriminierungsgesetze. Mit dem neuen Gesetz verschlechtert sich die Situation erheblich, da nicht nur Schutz fehlt, sondern die bloße Existenz von LGBTQ-Personen kriminalisiert wird.

Was bedeutet die Verabschiedung für die LGBTQ-Community vor Ort?

Die unmittelbare Folge ist eine Atmosphäre der Angst. Viele Menschen haben ihre Kontakte reduziert, ziehen sich zurück und versuchen, möglichst unsichtbar zu bleiben. Berichte über Gewalt, Erpressung und soziale Ausgrenzung häufen sich. Organisationen, die zuvor im Verborgenen Unterstützung leisteten, stehen nun selbst unter Strafandrohung.

Hintergrund: Gesellschaftlicher und politischer Druck

Die politische Führung in Burkina Faso steht unter starkem Druck. Neben den Sicherheitsproblemen verschärfen wirtschaftliche Krisen und internationale Spannungen die Lage. In dieser Situation wird das Thema Homosexualität gezielt genutzt, um von anderen Herausforderungen abzulenken und konservative Bevölkerungsteile zu mobilisieren. Ähnliche Strategien sind auch in anderen Staaten zu beobachten, in denen Regierungen ihre Macht durch moralisch aufgeladene Debatten stabilisieren wollen.

Studien zeigen, dass die Unterstützung restriktiver Gesetze häufig zunimmt, wenn Unsicherheit herrscht. In Burkina Faso spielt zudem der Einfluss religiöser Gruppen eine Rolle, die sich klar gegen LGBTQ-Rechte positionieren. Internationale Organisationen verweisen auf eine besorgniserregende Zunahme von anti-rechten Konferenzen, die in Afrika gezielt Einfluss nehmen.

Statistiken und regionale Einordnung

Von 54 Staaten Afrikas haben mehr als 30 Gesetze, die Homosexualität kriminalisieren. Burkina Faso war lange Zeit ein Sonderfall, da gleichgeschlechtliche Handlungen erlaubt waren. Mit dem neuen Gesetz reiht es sich nun in die Mehrheit der Staaten ein. Internationale Datenbanken wie ILGA dokumentieren, dass sich die Situation für LGBTQ-Personen auf dem Kontinent in vielen Ländern verschärft. Nur wenige Staaten wie Südafrika, Botswana oder Mosambik haben in den letzten Jahren Fortschritte erzielt.

Für Burkina Faso bedeutet die neue Rechtslage einen Rückschritt um Jahrzehnte. Der Verlust eines rechtlichen Freiraums führt dazu, dass die Bevölkerung gezwungen wird, erneut im Verborgenen zu leben. Das Risiko von Gewalt und Diskriminierung steigt massiv an, wie Berichte aus der Community verdeutlichen.

Soziale Medien als Spiegel der Spaltung

Ein Blick in Foren und Netzwerke verdeutlicht die Spannungen. Während Befürworter den Schritt als notwendige Verteidigung „afrikanischer Werte“ feiern, gibt es gleichzeitig viele Stimmen, die die Glaubwürdigkeit der Berichte anzweifeln. Manche halten die Informationen für „westliche Propaganda“ und bestreiten, dass ein solches Gesetz überhaupt verabschiedet wurde. Diese Desinformation trägt zur Verunsicherung bei und erschwert eine sachliche Debatte.

Andere Stimmen berichten direkt aus dem Land und schildern die Angst, in der sie leben. Die Diskrepanz zwischen offiziellen Ankündigungen und individuellen Erfahrungen zeigt, wie tief die Gesellschaft gespalten ist. Für Außenstehende wird dadurch die Wahrnehmung des Geschehens zusätzlich erschwert.

Mit der Kriminalisierung von Homosexualität hat Burkina Faso einen drastischen Schritt unternommen, der weitreichende Konsequenzen für die Gesellschaft und die internationale Stellung des Landes haben wird. Die LGBTQ-Community sieht sich massiven Repressionen ausgesetzt, internationale Organisationen warnen vor einem Rückschritt in den Menschenrechten, und die politische Führung nutzt die Debatte, um Macht und Einfluss zu sichern. Ob dieser Kurs das Land langfristig stabilisieren oder weiter isolieren wird, bleibt offen. Klar ist jedoch: Die Entscheidung wird das Leben vieler Menschen tiefgreifend verändern.

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Als Autor für das Magazin "Nah am digitalen Rand" verbinde ich meine Germanistik-Expertise mit einem unstillbaren Interesse für redaktionell spannende Themen. Meine Leidenschaft gilt der Erforschung und dem Verständnis der digitalen Evolution unserer Sprache, ein Bereich, der mich stets zu tiefgründigen Analysen und Artikeln inspiriert.