Rentner-Ehepaar erschleicht Millionen von Sky – Prozess deckt Ausmaß von Pay-TV-Betrug auf

In Regionales
September 23, 2025

Landshut – Vor dem Landgericht Landshut wird derzeit ein aufsehenerregender Betrugsfall verhandelt: Ein Rentner-Ehepaar aus Deggendorf soll über Jahre hinweg manipulierte Receiver verkauft und so dem Pay-TV-Sender Sky einen Schaden von rund 4,5 Millionen Euro zugefügt haben. Der Prozess offenbart nicht nur die Dimensionen des Falls, sondern wirft auch ein Schlaglicht auf das wachsende Problem des illegalen Fernsehkonsums in Deutschland.

Die Anklage gegen das Senioren-Paar

Über 4600 Fälle von Computerbetrug

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 68-jährigen Elektromechaniker und seiner 70-jährigen Ehefrau vor, zwischen 2014 und 2019 in mehr als 4600 Fällen manipulierte Receiver verkauft zu haben. Mit Hilfe dieser Geräte konnten Kunden Sky-Programme ohne gültiges Abonnement empfangen. Der verursachte Schaden beläuft sich laut Ermittlern auf rund 4,4 bis 4,5 Millionen Euro. Den Angeklagten selbst soll ein Gewinn von etwa einer halben Million Euro geblieben sein.

Cardsharing-Server im Ausland

Die Funktionsweise der Betrugsmasche war ausgefeilt: Die Receiver wurden mit Software ausgestattet, die eine Verbindung zu einem Cardsharing-Server in den Niederlanden herstellte. Dadurch konnten die Zugangsdaten einer echten Sky-Smartcard vervielfältigt und an Hunderte Nutzer weitergeleitet werden. Die Käufer zahlten rund 200 Euro pro Gerät sowie jährlich zusätzliche Gebühren von etwa 50 Euro für die Nutzung des illegalen Zugangs.

Der Prozess in Landshut

Lange Verhandlungsdauer angesetzt

Der Prozess vor dem Landgericht Landshut ist auf insgesamt 27 Verhandlungstage angesetzt und soll bis Ende Februar dauern. Die Dimension des Falls macht eine intensive Beweisaufnahme erforderlich. Die Angeklagten verweigerten bislang eine Aussage. Ihre Verteidiger beantragten ein Rechtsgespräch, um mögliche Optionen für eine Verständigung auszuloten.

Wertersatz und mögliche Strafen

Neben einer mehrjährigen Freiheitsstrafe droht dem Paar die Einziehung des erlangten Gewinns. Die Staatsanwaltschaft hat einen Wertersatz von rund 500.000 Euro beantragt. Die Justiz bewertet den Fall als gewerbsmäßigen und bandenmäßigen Computerbetrug, was eine deutliche Verschärfung der Strafandrohung nach sich zieht.

Die Technik hinter dem Pay-TV-Betrug

Manipulierte Receiver als Schlüssel

Im Zentrum des Falls stehen Receiver, die mit spezieller Software ausgestattet wurden. Diese erlaubten nicht nur den Empfang von Sky, sondern in manchen Fällen auch anderer Streamingdienste wie Netflix oder Amazon Prime. Solche Angebote wurden den Kunden teilweise als Komplettpaket angeboten, oft zu Preisen weit unterhalb der legalen Abonnements.

Was ist Cardsharing?

Cardsharing bedeutet, dass ein offizielles Entschlüsselungssignal einer Pay-TV-Karte über das Internet auf mehrere Geräte verteilt wird. Die Technik selbst ist nicht neu, doch sie wird häufig missbraucht, um Zugang zu kostenpflichtigen Programmen zu ermöglichen. Laut IT-Rechtsexperten erfüllt dies den Tatbestand des Computerbetrugs (§ 263a StGB) sowie Verstöße gegen das Urheberrecht.

Die rechtliche Dimension

Ist Cardsharing mit Sky illegal?

Ja, Cardsharing ist in Deutschland eindeutig illegal. Wer manipulierte Receiver nutzt oder vertreibt, verstößt gegen Straf- und Zivilrecht. Neben strafrechtlichen Konsequenzen drohen hohe Schadenersatzforderungen durch Anbieter wie Sky. Auch Nutzer solcher Geräte können belangt werden, nicht nur die Betreiber.

Welche Strafe droht bei Nutzung eines manipulierten Receivers?

Die Strafe hängt von der Schwere und dem Umfang ab. Schon der Besitz eines manipulierten Geräts kann kritisch sein. Wer es wissentlich nutzt, muss mit Geldstrafen oder Freiheitsstrafen rechnen. In gewerbsmäßigen Fällen sind Freiheitsstrafen von mehreren Jahren möglich. Auch eine Einziehung der Geräte und von Gewinnen ist üblich.

Gesellschaftliche und wirtschaftliche Folgen

Milliardenschäden durch illegales Fernsehen

Die Dimensionen dieses Falls sind groß, doch das Problem reicht weit über ein einzelnes Ehepaar hinaus. Studien zufolge verursachen Schwarzseher im Pay-TV-Bereich Schäden in Milliardenhöhe. Anbieter wie Sky, DAZN oder Magenta Sport investieren hohe Summen in Sportrechte und exklusive Inhalte. Werden diese über illegale Kanäle konsumiert, untergräbt das nicht nur Geschäftsmodelle, sondern auch die Finanzierung von Sport und Kultur.

Das Schwarzseher-Problem

Das Institut für Rundfunkökonomie betont in Analysen, dass illegale Nutzung von Pay-TV langfristig das gesamte Ökosystem gefährdet. Je mehr Nutzer auf illegale Angebote zurückgreifen, desto größer ist die Belastung für die ehrlichen Kunden, die durch steigende Preise indirekt mitzahlen. Technische Maßnahmen wie stärkere Verschlüsselung sollen Abhilfe schaffen, doch Anbieter sehen sich einem ständigen Wettlauf mit Betrügern gegenüber.

Wie viel kostet ein legales Sky-Abonnement vs. Cardsharing?

Ein legales Sky-Abo kostet je nach Paket zwischen 25 und 40 Euro pro Monat, bei Premium-Paketen auch mehr. Cardsharing-Angebote werben hingegen mit Preisen von nur wenigen Euro. Genau diese Preisspanne macht die illegalen Angebote für viele attraktiv, obwohl sie ein erhebliches Risiko bergen.

Ermittlungen und Verfolgung

Kann Sky Nutzer erkennen, die illegal Karten teilen?

Ja, Sky arbeitet mit einer spezialisierten Anti-Betrugsabteilung. Überwachung von IP-Adressen, ungewöhnliche Zugriffsmuster und technische Logs können Hinweise auf illegale Nutzung liefern. Werden solche Verstöße entdeckt, kann es zu Abmahnungen, Vertragskündigungen und Strafanzeigen kommen.

Wie erkennt man Cardsharing-Anbieter?

Typisch sind Angebote mit Slogans wie „alles inklusive“, „ohne Vertrag“ oder „voller Zugang für kleines Geld“. Häufig wird in Foren oder auf dubiosen Webseiten geworben. Zahlungswege über Kryptowährungen oder anonyme Dienste sind ein weiteres Warnsignal. Laien erkennen die Illegalität oft erst, wenn Behörden einschreiten.

Reaktionen in Foren und sozialen Medien

In einschlägigen Foren wie „Boxpirates“ wird offen über die Technik gesprochen, während internationale Plattformen wie Bitcointalk Cardsharing-Server bewerben. In sozialen Medien wie Reddit wiederum diskutieren Nutzer eher über die Risiken. Viele gehen fälschlicherweise davon aus, dass Streaming weniger gefährlich sei als Torrenting, was juristisch so nicht stimmt. Experten warnen regelmäßig davor, diese Angebote zu nutzen.

Die Rolle der Nutzer

Ist man automatisch schuldig, wenn man einen manipulierten Receiver besitzt?

Nicht zwangsläufig. Entscheidend ist, ob der Besitzer wusste, dass das Gerät manipuliert ist, und ob er es aktiv genutzt hat. Wer einen Receiver unwissentlich erwirbt, kann sich in einem Verfahren verteidigen. Wer ihn aber bewusst verwendet, macht sich strafbar.

Was tun, wenn man Post von Sky wegen Betrugs erhält?

Betroffene sollten keinesfalls unüberlegt handeln. Experten empfehlen, die Unterlagen sorgfältig zu prüfen und anwaltlichen Rat einzuholen. In vielen Fällen können außergerichtliche Einigungen erzielt werden. Dennoch gilt: Schon der Verdacht kann teuer werden, da Anbieter hohe Ersatzforderungen stellen.

Einordnung im Kontext von Computerbetrug

Statistik und Trends

Computerbetrug ist in Deutschland ein wachsendes Problemfeld. Die Polizeiliche Kriminalstatistik verzeichnete 2024 fast 18.000 Fälle. In Spitzenjahren lag die Zahl sogar über 27.000. Damit macht diese Form der Kriminalität rund sieben Prozent aller Internetdelikte aus. Der Fall des Ehepaars reiht sich in diese Entwicklung ein, zeigt aber durch sein Ausmaß eine besondere Dimension.

Expertenmeinungen

Rechtsanwälte weisen darauf hin, dass viele Verbraucher die Tragweite unterschätzen. Oft heißt es: „Ich wollte doch nur ein günstiges Abo.“ Doch juristisch ist die Sache klar – die Nutzung illegaler Decoder oder Server fällt unter strafbares Verhalten. Zudem kann der Besitz einer manipulierten Hardware bereits Indizwirkung haben.

Gesellschaftliche Wahrnehmung

Während Boulevardmedien Schlagzeilen über „Rentner, die Sky abzocken“ verbreiten, beleuchten Fachmedien eher die technischen Hintergründe und wirtschaftlichen Folgen. In Internetforen wiederum herrscht oft ein zweigeteiltes Bild: Einige verteidigen die Angeklagten mit dem Hinweis auf hohe Abo-Preise, andere sehen in solchen Praktiken eine ernsthafte Bedrohung für faire Angebote.

Schlussabsatz: Der wachsende Kampf um digitale Inhalte

Der Prozess in Landshut macht deutlich, wie groß die Herausforderungen im Kampf gegen illegalen Pay-TV-Betrug sind. Während auf der einen Seite Senioren aus einem bayerischen Ort im Mittelpunkt eines millionenschweren Skandals stehen, wird zugleich sichtbar, dass es sich um ein globales Problem handelt. Anbieter wie Sky stehen unter massivem Druck, ihre Inhalte zu schützen, während findige Betrüger immer neue Wege suchen. Die Strafverfolgung zeigt, dass solche Machenschaften nicht länger als Kavaliersdelikt angesehen werden. Letztlich geht es nicht nur um Geld, sondern auch um die Frage, wie Gesellschaften den Wert geistigen Eigentums schützen und fairen Zugang zu digitalen Inhalten gewährleisten.

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Als Autor für das Magazin "Nah am digitalen Rand" verbinde ich meine Germanistik-Expertise mit einem unstillbaren Interesse für redaktionell spannende Themen. Meine Leidenschaft gilt der Erforschung und dem Verständnis der digitalen Evolution unserer Sprache, ein Bereich, der mich stets zu tiefgründigen Analysen und Artikeln inspiriert.