
Den Haag, 14. Dezember 2025 – Wer in den Niederlanden unterwegs ist, muss sich auf spürbar höhere Kosten einstellen. Ab dem kommenden Jahr werden Verkehrsverstöße deutlich strenger geahndet. Vom Griff zum Smartphone bis zum falschen Parken: Fast jeder Regelbruch wird teurer.
Die Erhöhung der Verkehrsstrafen ist offiziell beschlossen und sorgt bereits vor ihrem Inkrafttreten für intensive Diskussionen. Politik, Justiz und Verkehrsverbände ringen um die Frage, wie hart Strafen sein dürfen – und wie gerecht sie noch sind.
Die niederländische Regierung hat den Bußgeldkatalog umfassend angepasst. Ab dem 1. Januar 2026 gelten höhere Verkehrsstrafen für eine Vielzahl von Verstößen. Grundlage ist die jährliche Neubewertung der Bußgelder, die sich an der Inflationsentwicklung orientiert. Ziel ist es nach Angaben der Regierung, die Verkehrssicherheit zu erhöhen und gleichzeitig die Durchsetzung bestehender Regeln zu stärken.
Doch während die Erhöhung der Verkehrsstrafen offiziell als notwendige Anpassung dargestellt wird, wächst zugleich die Kritik. Verbände, Juristen und Teile der Politik stellen die Verhältnismäßigkeit einzelner Bußgelder infrage – insbesondere im Vergleich zu anderen Rechtsbereichen.
Breite Anhebung der Verkehrsstrafen
Die neuen Verkehrsstrafen betreffen nahezu alle klassischen Verkehrsverstöße. Nach der veröffentlichten Übersicht steigen die meisten Bußgelder um rund drei bis vier Prozent. In vielen Fällen werden die Beträge kaufmännisch aufgerundet, sodass die tatsächliche Erhöhung spürbarer ausfällt.
Besonders auffällig ist, dass nicht nur gravierende Delikte, sondern auch alltägliche Regelverstöße deutlich teurer werden. Die Niederlande zählen bereits seit Jahren zu den Ländern mit vergleichsweise hohen Verkehrsstrafen – ab 2026 verschärft sich dieser Kurs weiter.
Handy am Steuer und riskantes Verhalten
- Telefonieren mit dem Handy ohne Freisprecheinrichtung: künftig 440 Euro statt bisher 430 Euro
- Überfahren einer roten Ampel: 320 Euro
- Rechts überholen auf Autobahnen: ebenfalls 320 Euro
Gerade das Handy am Steuer steht seit Jahren im Fokus der Verkehrspolitik. Die Behörden verweisen auf ein erhöhtes Unfallrisiko und setzen zunehmend auf gezielte Kontrollen. Die erneute Erhöhung der Verkehrsstrafen soll die abschreckende Wirkung weiter verstärken.
Alltägliche Verstöße im Fokus
- Geschwindigkeitsüberschreitungen innerorts (10 km/h zu schnell): 95 Euro
- Geschwindigkeitsüberschreitungen auf Autobahnen: 84 Euro
- Nicht angelegter Sicherheitsgurt: 190 Euro
- Unnötiges Hupen: 190 Euro
Auch Verstöße, die viele Autofahrer als geringfügig empfinden, schlagen künftig stärker zu Buche. Gerade im dichten Stadtverkehr können solche Delikte schnell teuer werden – insbesondere für Pendlerinnen und Pendler.
Parkverstöße werden besonders kostspielig
- Falschparken ohne Berechtigung: 130 Euro
- Parken auf allgemeinen Behindertenparkplätzen: 400 Euro
- Parken auf speziell reservierten Behindertenplätzen: 500 Euro
Die Niederlande verfolgen seit Jahren eine konsequente Parkraumpolitik. Die deutliche Erhöhung der Verkehrsstrafen im ruhenden Verkehr soll insbesondere den Schutz von Menschen mit Behinderung stärken.
Kritik an Höhe und System der Verkehrsstrafen
Mit der Anhebung der Verkehrsstrafen wächst auch die Kritik am bestehenden Sanktionssystem. Besonders die Mechanik der Nachzahlungszuschläge steht im Zentrum der Debatte. Wird ein Bußgeld nicht fristgerecht bezahlt, erhöht sich der Betrag nach dem ersten Mahnschreiben um 50 Prozent, nach dem zweiten um weitere 100 Prozent.
Der Leiter der Zentralen Justiziellen Sammlung CJIB, Albert Hazelhoff, äußerte öffentlich Zweifel an der Angemessenheit dieses Systems. Aus seiner Sicht seien die Bußgelder und Zuschläge inzwischen nicht mehr in jedem Fall verhältnismäßig. Ein ursprünglich moderater Betrag könne sich binnen kurzer Zeit verdreifachen und Betroffene erheblich belasten.
Hazelhoff verwies darauf, dass einzelne Verkehrsstrafen inzwischen höher ausfallen als Strafen für bestimmte Körperverletzungsdelikte ohne bleibende Schäden. Auch aus der Staatsanwaltschaft gibt es Hinweise darauf, dass diese Entwicklung kritisch gesehen wird.
Position der Regierung und politische Debatte
Die niederländische Regierung weist die Kritik zurück. Nach ihrer Darstellung erfüllen die erhöhten Verkehrsstrafen mehrere Funktionen: Sie sollen Regelverstöße verhindern, die Verkehrssicherheit erhöhen und zugleich Einnahmen sichern, die unter anderem Polizei, Justiz und Feuerwehr zugutekommen.
Justizminister Foort van Oosten betonte mehrfach, dass eine Absenkung der Bußgelder derzeit nicht vorgesehen sei. Die Anpassung an die Inflation sei notwendig, um die Wirksamkeit der Strafen zu erhalten.
Gleichzeitig ist das Thema politisch umstritten. Im Oktober 2025 verabschiedete das Parlament eine Motion, die das automatische Anheben der Verkehrsstrafen an die Inflationsrate künftig begrenzen soll. Für das Jahr 2026 hat dieser Beschluss jedoch keine unmittelbaren Auswirkungen.
Auswirkungen auf Autofahrer und Grenzpendler
Für Autofahrerinnen und Autofahrer bedeutet die Erhöhung der Verkehrsstrafen eine spürbare Verschärfung. Besonders betroffen sind Menschen, die regelmäßig in den Niederlanden unterwegs sind – darunter viele Grenzpendler aus Deutschland sowie Touristinnen und Touristen.
Ein wichtiger Punkt: Niederländische Verkehrsstrafen können auch im Ausland vollstreckt werden. Offene Bußgelder lassen sich grenzüberschreitend eintreiben, was die Konsequenzen für ausländische Verkehrsteilnehmer erheblich verschärft.
Verkehrsclubs raten daher dringend dazu, sich vor Fahrten in die Niederlande mit den geltenden Regeln vertraut zu machen und Bußgeldbescheide ernst zu nehmen.
Zwischen Sicherheit und Akzeptanz
Die Niederlande gelten als Land mit moderner Verkehrsinfrastruktur und vergleichsweise hoher Verkehrssicherheit. Ob die erneute Erhöhung der Verkehrsstrafen diesen Standard weiter verbessert oder eher die Akzeptanz unter Verkehrsteilnehmern belastet, bleibt offen.
Fest steht: Ab 2026 wird jeder Regelverstoß auf niederländischen Straßen schneller zur Kostenfalle. Die politische und gesellschaftliche Diskussion darüber, wo Abschreckung endet und Übermaß beginnt, dürfte damit weiter an Schärfe gewinnen.