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EU verabschiedet neues Smartphone-Gesetz: Was das konkret für dich bedeutet

In Aktuelles
Juni 21, 2025
EU Gesetz

Mit dem Inkrafttreten neuer Ökodesign- und Energiekennzeichnungsregeln für Smartphones und Tablets leitet die Europäische Union einen weitreichenden Wandel in der Elektronikbranche ein. Ab dem 20. Juni 2025 gelten erstmals verbindliche Vorschriften, die Langlebigkeit, Reparierbarkeit und Energieeffizienz in den Fokus rücken. Für Verbraucher bringt das nicht nur mehr Transparenz, sondern auch handfeste Vorteile – gleichzeitig jedoch auch neue Herausforderungen für Hersteller.

Mehr Nachhaltigkeit und Verbraucherschutz im Fokus

Ziel der neuen Regelung ist es, die durchschnittliche Lebensdauer mobiler Geräte deutlich zu verlängern, Elektroschrott zu verringern und durch transparente Informationen die Kaufentscheidungen der Konsumenten zu verbessern. Smartphones und Tablets, die ab sofort in der EU verkauft werden, müssen deutlich robuster, energieeffizienter und leichter zu reparieren sein als bislang.

Der Hintergrund: Der europäische Markt wird von kurzen Produktzyklen und schwer reparierbaren Geräten dominiert. Dies führt zu enormen Umweltbelastungen und wirtschaftlichem Ressourcenverlust. Die EU will mit dem neuen Gesetz bis 2030 eine Einsparung von bis zu 20 Milliarden Euro sowie eine Reduktion des Energieverbrauchs von rund 2,2 Terawattstunden jährlich erreichen.

Was genau regelt das neue Gesetz?

Die neuen Vorgaben betreffen alle neu eingeführten Smartphones, Tablets und schnurlosen Telefone. Bereits im Umlauf befindliche Geräte sind nicht rückwirkend betroffen. Die Verordnung basiert auf den beiden neuen EU-Richtlinien 2023/1669 (Energiekennzeichnung) und 2023/1670 (Ecodesign).

Technische Anforderungen im Überblick

Die neuen Mindeststandards sind umfangreich. Besonders hervorzuheben sind:

  • Akku-Leistung: Geräte müssen mindestens 800 vollständige Ladezyklen bei 80 % Restkapazität aushalten.
  • Mechanische Stabilität: Smartphones müssen 45 standardisierte Sturztests bestehen und bestimmten Anforderungen an Wasser- und Staubdichtigkeit genügen.
  • Reparaturfreundlichkeit: Ersatzteile für essenzielle Komponenten wie Akku, Display, Kamera oder Ladebuchse müssen sieben Jahre lang verfügbar sein.
  • Lieferzeit: Ersatzteile müssen innerhalb von maximal zehn Werktagen lieferbar sein.
  • Softwareupdates: Fünf Jahre Sicherheits- und mindestens drei Jahre Betriebssystem-Updates nach Verkaufsende sind vorgeschrieben.

Neues EU-Energielabel mit Reparierbarkeits-Skala

Hersteller müssen ihre Geräte künftig mit einem EU-Energielabel versehen, das auf einen Blick über vier zentrale Aspekte informiert:

KriteriumSkala
EnergieeffizienzA bis G
AkkulebensdauerNumerische Angabe (Zyklen)
Robustheit (Sturztests)Numerische Angabe
Reparierbarkeits-ScoreA (sehr gut) bis E (schlecht)

Diese Angaben sollen laut EU-Kommission die Vergleichbarkeit erleichtern und zu fundierten Kaufentscheidungen beitragen. Gleichzeitig müssen Hersteller alle relevanten Gerätedaten in der zentralen EPREL-Datenbank registrieren.

Neue Transparenz mit digitalem Produktpass

Ein weiteres Instrument zur Förderung von Nachhaltigkeit ist der sogenannte digitale Produktpass (DPP). Dieser wird künftig auch für Elektronikgeräte wie Smartphones Pflicht und dokumentiert detailliert Informationen zur Herstellung, Demontage, Reparatur und Recyclingfähigkeit eines Produkts. So soll die Rückverfolgbarkeit verbessert und ein zirkuläres Wirtschaften unterstützt werden.

Einordnung im Rahmen des Green Deal

Die neuen Regelungen sind Teil des umfassenderen European Green Deal und der Circular-Economy-Strategie der EU. Das Ziel: Produkte sollen nicht nur nachhaltiger konsumiert, sondern auch länger im Einsatz bleiben. Seit 2009 ist das Ecodesign-Framework für über 40 Produktgruppen aktiv und hat maßgeblich zur Emissionsreduktion beigetragen. Smartphones und Tablets gehören nun erstmals zum Geltungsbereich.

Positive Stimmen: Verbraucher und Umweltschutzorganisationen begrüßen die Maßnahmen

Verbraucherschützer und Umweltverbände werten die Neuerungen als Meilenstein. Laut einer repräsentativen Umfrage wünschen sich über 80 % der deutschen Konsumenten ein verpflichtendes Reparaturlabel und längere Update-Zyklen.

Ein Sprecher der EU-Kommission betonte:
„Diese Regeln stärken die Rechte der Verbraucher. Wer ein Smartphone kauft, hat künftig das Recht auf Langlebigkeit und Reparierbarkeit.“

Auch kleinere Reparaturbetriebe erwarten durch den erleichterten Zugang zu Ersatzteilen und Software neue Chancen.

Kritik und Gegenstimmen: Industrie warnt vor Hürden

Große Technologiekonzerne wie Apple, Samsung oder Xiaomi äußerten im Vorfeld Bedenken. Der Vorwurf: Einige Vorschriften würden Innovationszyklen ausbremsen und wirtschaftliche Risiken erhöhen.

Besonders in der Kritik steht die Pflicht zur Verfügbarkeit von Ersatzteilen über sieben Jahre hinweg. Hersteller argumentieren, dass dies die Produktionskosten und Lagerhaltung massiv verteuere. In Branchenmedien ist von „Bürokratisierung“ und „Investitionsbremse“ die Rede.

Streitpunkt Reparierbarkeit

Auch innerhalb der Reparatur-Community gibt es kritische Stimmen. So kritisiert die Bewegung „Right to Repair“, dass wichtige Vorschläge wie ein laienfreundlicher Displaytausch im finalen Text gestrichen wurden. Zudem bleiben Preise für Ersatzteile und Werkstattlizenzen unreguliert – das birgt laut Experten die Gefahr von Monopolen und überteuerten Reparaturen.

Auswirkungen auf den Markt: Weniger Absatz, längere Nutzung

Ökonomen gehen davon aus, dass sich die durchschnittliche Nutzungsdauer von Smartphones künftig von rund drei auf über vier Jahre verlängert. Dies könnte zu einem Rückgang beim Absatz neuer Geräte führen – mit Folgen für Hersteller, aber auch positiven Auswirkungen auf Umwelt und Ressourcenschonung.

Ausgewählte Prognosen zur Marktentwicklung

  • Gerätelebensdauer steigt auf durchschnittlich 4,1 Jahre
  • Geräteabsatz pro Jahr sinkt leicht, Bestand bleibt stabil
  • Erwartete Einsparung: über 60 Mio. Smartphones jährlich europaweit

Ungeklärte Fragen: Kontrolle und Umsetzung

Ein zentrales Problem bleibt die Durchsetzbarkeit. Marktaufsichtsbehörden müssen künftig nicht nur technische Prüfungen vornehmen, sondern auch Herstellerangaben zum Label validieren. Angesichts begrenzter personeller Ressourcen könnte es hier zu Verzögerungen und Schlupflöchern kommen. Auch Datenschützer warnen, dass bei Reparaturdaten und Softwarezugängen der Schutz persönlicher Informationen gewährleistet sein muss.

Internationale Perspektive und globale Folgen

Die EU geht mit dem Gesetz international voran. Auch wenn die neuen Regeln nur innerhalb des europäischen Binnenmarkts gelten, dürften sie weltweit Wirkung zeigen. Hersteller, die global vertreiben, könnten ihre Designs insgesamt anpassen, um nicht zwei unterschiedliche Produktionslinien fahren zu müssen. Die Kompatibilität mit WTO-Vorgaben ist dabei ausdrücklich gegeben.

Nachhaltigkeit kommt in der Hosentasche an

Das neue EU-Gesetz markiert einen Wendepunkt für den europäischen Smartphone-Markt. Es zwingt Hersteller, ihre Geräte nicht nur leistungsfähig, sondern auch langlebig, reparierbar und transparent zu gestalten. Für Verbraucher bedeutet das mehr Wahlfreiheit, geringere Langzeitkosten und ein Beitrag zum Klimaschutz – vorausgesetzt, die Regeln werden auch kontrolliert und durchgesetzt.

Ob dieses ambitionierte Regelwerk als Vorbild für weitere Produktkategorien oder internationale Nachahmer dient, bleibt abzuwarten. Klar ist: Mit dem Schritt vom Wegwerfprodukt zum langlebigen Alltagsbegleiter verändert sich der Charakter des Smartphones grundlegend.

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Als Autor für das Magazin "Nah am digitalen Rand" verbinde ich meine Germanistik-Expertise mit einem unstillbaren Interesse für redaktionell spannende Themen. Meine Leidenschaft gilt der Erforschung und dem Verständnis der digitalen Evolution unserer Sprache, ein Bereich, der mich stets zu tiefgründigen Analysen und Artikeln inspiriert.