
Stuttgart, 03. November 2025 – Ein unerklärlicher, scharfer Geruch breitete sich in einem Firmengebäude in Stuttgart-Möhringen aus und führte am Morgen zu einer raschen Räumung und einem umfangreichen Feuerwehreinsatz. Die Luftmessgeräte zeigten keine Auffälligkeiten mehr, dennoch wurden mehrere Mitarbeitende untersucht.
Am Montagvormittag alarmierten Mitarbeitende eines Unternehmens in der Oskar-Lapp-Straße in Stuttgart-Möhringen wegen eines deutlich wahrnehmbaren, stechenden Geruchs die Einsatzkräfte. Bereits beim Eintreffen war das Gebäude vollständig evakuiert worden. Mehrere Personen klagten über Atemwegsreizungen.
Einsatzablauf und Maßnahmen
Die Feuerwehr Stuttgart rückte mit einem umfangreichen Aufgebot an: darunter der Gefahrgutzug der Feuerwache 2 mit Wechselladerfahrzeug und Abrollbehälter Atemschutz, die Feuerwache 3 mit Direktionsdienst, die Feuerwache 4 mit Gerätewagen Atemschutz-Messtechnik sowie die Feuer- und Rettungswache 5 mit Löschzug und Sonderlöschmittel. Auch mehrere Abteilungen der Freiwilligen Feuerwehr waren beteiligt – etwa die Abteilung Degerloch-Hoffeld mit Einsatzleitwagen, die Abteilung Hedelfingen mit Gerätewagen-Messtechnik und die Abteilung Rohracker mit ABC-Erkunder.
Unter Atemschutz drangen die Einsatzkräfte in das Gebäude ein, führten umfassende Luftmessungen durch und prüften kritisch, ob eine Gefahr durch chemische Stoffe oder Gase bestand. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Reizstoff jedoch bereits verflüchtigt – es konnten keine erhöhten Schadstoffwerte mehr festgestellt werden.
Mitarbeitende betroffen – aber keine akuten Werte
Vor Ort wurden insgesamt zehn Personen vom Rettungsdienst untersucht. Eine Person mit stärkeren Beschwerden wurde zur weiteren Beobachtung in eine Klinik transportiert.
Auch wenn die Luftmessungen keine Grenz- oder Alarmwerte zeigten, kann bereits eine Geruchswahrnehmung in einem Arbeitsumfeld Anlass für einen Einsatz sein. Studien zeigen: „Ein stechender Geruch“ kann ein Frühwarnsignal zur Prävention sein – auch wenn sich unmittelbar keine toxischen Konzentrationen nachweisen lassen.
Hintergründe: Warum kann ein Geruch solchen Alarm auslösen?
Die Frage, welche Ursachen ein plötzlich wahrnehmbarer stechender Geruch in einem Firmengebäude haben kann, lässt sich nicht auf eine einzige Antwort reduzieren. Möglich sind unter anderem:
- Freisetzung flüchtiger organischer Verbindungen (VOC) durch Materialien oder Prozesse.
- Leckage von Chemikalien bzw. Gefahrstoffen.
- Gas- oder Dampfemissionen oder Zersetzungsprozesse innerhalb technischer Anlagen.
- Ungenügende Belüftung oder Lüftungsausfall, wodurch Reizstoffe sich sammeln.
Die Frage, warum eine starke Geruchswahrnehmung Anlass für einen Einsatz der Feuerwehr sein kann, selbst wenn keine erhöhten Schadstoffwerte gemessen werden, beantwortet sich mit dem vorsorgenden Ansatz im Brandschutz und Gefahrstoffeinsatz: Der wahrnehmbare Geruch allein ist ein Indikator dafür, dass Mitarbeitende belastet sein könnten – auch wenn unmittelbar keine toxisch relevante Konzentration messbar ist.
Präventions- und Betriebsnachsicht
Die Frage, was Mitarbeitende tun sollten, wenn sie in ihrem Arbeitsumfeld einen stechenden Geruch und Reizungen der Atemwege verspüren, lässt sich so zusammenfassen: Unverzüglich den Arbeitgeber oder die zuständige Sicherheits-/Gefahrstoffverantwortliche Stelle informieren, den Bereich verlassen oder vorsorglich evakuieren und eine Luftmessung und Gefährdungsbeurteilung einfordern. Studien belegen, dass auch wahrnehmbare Gerüche ohne unmittelbare Grenzwertüberschreitung gesundheitlich relevant sein können.
Eine relevante Fragestellung lautet auch: Wie beurteilt man, ob ein Geruch am Arbeitsplatz gesundheitlich relevant ist? Laut dem Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) kann ein Geruch wahrgenommen werden, ohne dass Gesundheitsschäden unverzüglich auftreten – dennoch ist jede ungewöhnliche Geruchswahrnehmung ernst zu nehmen und durch Messung abzuklären.
Was macht ein effektives Vorgehen aus?
Im Bericht des Einsatzes wird hervorgehoben, dass rasches Handeln entscheidend war: Das Gebäude war bereits geräumt, die Einsatzkräfte waren unter Atemschutz im Einsatz und die Umgebung wurde belüftet und gemessen. Ein planmäßiger Ablauf half, eine mögliche Gefährdung zu vermeiden.
Gute Praxis bei solchen Einsätzen
- Sofortige Evakuierung oder Teilräumung bei Wahrnehmung eines zuvor nicht erklärbaren Geruchs.
- Messung von Luftqualitätsparametern durch Messtechnik – auch wenn am Ende kein Grenzwert überschritten wird.
- Dokumentation und Beobachtung betroffener Personen sowie ggf. medizinische Nachsorge.
- Klären der Ursache (z. B. technische Prozesse, Materialfreisetzung, Lüftungsausfall) und Beseitigung des Störfalls.
Ergebnislage und offene Fragen
Das Ergebnis des Einsatzes war: Es wurden keine auffälligen Messwerte registriert, die Ursache des stechenden Geruchs blieb bislang unklar. Dennoch zeigt der Fall, dass der Schutz von Menschen Vorrang hatte und nicht auf Messwerte allein vertraut wurde.
Die Frage, welche Folgen eine anhaltende Geruchsbelastung am Arbeitsplatz haben kann – auch wenn keine akute Gefahr besteht, ist ebenfalls relevant: Selbst unterhalb toxischer Konzentrationen können Reizstoffe oder belastende Gerüche langfristig zu Atemwegsreizungen, Kopfschmerzen oder Konzentrationsmängeln führen.
Nachbetrachtung – einsatzkritisch
Der Einsatz in Stuttgart-Möhringen verdeutlicht exemplarisch, wie modernes Gefahrenmanagement funktioniert: Wahrnehmung, Einschätzung, Messung, Schutzmaßnahmen – auch wenn letztlich keine Gefahr durch nachweisbare Stoffe bestand. Die Aufmerksamkeit der Mitarbeitenden und das konsequente Vorgehen der Einsatzkräfte verhinderten womöglich eine Eskalation.
In Zeiten komplexer technischer Anlagen und chemischer Prozesse zeigt der Fall, dass Geruchswahrnehmungen nicht ignoriert werden dürfen – und dass Sicherheitskonzepte solche „weichen“ Signale ebenso einbeziehen wie klassische Messwerte.
Ausblick auf Handlungsempfehlungen
Betriebe sollten ihre Lüftungssysteme regelmäßig prüfen, Mitarbeitende sensibilisieren und Verdachtsfälle eines ungewöhnlichen Geruchs frühzeitig melden. Gleichwohl bleibt die Ursache zu ermitteln, um wiederkehrende Ereignisse zu vermeiden. Eine offensichtliche Messwertüberschreitung mag fehlen – doch der Schutz der Menschen steht im Zentrum.
Nachdenklicher Blick auf Sicherheit
Der gestrige Vorfall in Stuttgart zeigt: Sicherheit ist kein Zufall. Ein Geruch, der nicht sofort erklärt werden kann, reichte aus, um umfangreiche Maßnahmen auszulösen. Vielleicht lag keine akute Gefahr vor – doch die Option, dass eine solche bestehen könnte, wurde wahrgenommen und abgewehrt. Eine Erinnerung daran, dass Prävention so wichtig ist wie Reaktion.

































