
Dortmund – Ein Spiel der Kreisliga B im Dortmunder Norden hat am 28. September 2025 bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Ein 28-jähriger Schiedsrichter wurde nach einem Platzverweis von einem aufgebrachten Mob bis zum Parkplatz verfolgt und schließlich von einem Spieler tätlich angegriffen. Der Vorfall rückt erneut das Thema Gewalt im Amateurfußball in den Fokus und zeigt, wie groß die Herausforderungen für Unparteiische auf den unteren Ebenen des Fußballs sind.
Ein Abend in der Kreisliga mit dramatischem Ausgang
Spielabbruch nach Roter Karte
Das Kreisliga-Spiel zwischen DJK SF Nette II und SG Phönix Eving verlief zunächst torreich. Die Gastgeber führten bereits deutlich mit 7:3, als es in der Nachspielzeit zu einer entscheidenden Szene kam. Der Schiedsrichter zeigte einem 31-jährigen Spieler der Gäste die Rote Karte. Diese Entscheidung brachte nicht nur den betroffenen Spieler, sondern auch mehrere Mitspieler und Zuschauer in Rage. Infolge des Tumults brach der Unparteiische das Spiel ab.
Verfolgung bis zum Parkplatz
Nach dem Abbruch verließ der Schiedsrichter das Spielfeld, um seine Sachen zu packen und sich zu seinem Auto zu begeben. Doch die Situation beruhigte sich nicht: Eine Gruppe von rund 30 Personen folgte ihm bis zum Parkplatz. Dort kam es zu einer Eskalation. Der 31-jährige Spieler, der zuvor die Rote Karte gesehen hatte, schlug dem Schiedsrichter mit der Faust gegen den Kopf. Der junge Referee erlitt dabei leichte Verletzungen und musste medizinisch behandelt werden.
Polizeieinsatz und rechtliche Folgen
Die Polizei traf kurze Zeit später am Sportplatz „Zum Hallenbad“ ein. Zu diesem Zeitpunkt war der Schiedsrichter bereits in seinem Auto, umringt von der Menschenmenge. Die Beamten nahmen die Personalien auf und leiteten ein Verfahren wegen vorsätzlicher Körperverletzung gegen den Angreifer ein. Auch das Verhalten der umstehenden Personen wird im Nachgang rechtlich bewertet. Ein Sprecher der Polizei bestätigte: „Es handelt sich um einen klaren Fall von Angriff auf einen Amtsträger im Rahmen seiner Tätigkeit.“
Gewalt gegen Schiedsrichter im Amateurfußball
Wie oft kommt es zu Angriffen auf Schiedsrichter im Amateurfußball?
Solche Übergriffe sind kein Einzelfall. Laut Statistiken des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) kommt es jedes Jahr zu hunderten dokumentierten Vorfällen. Diese reichen von verbalen Beleidigungen über Bedrohungen bis hin zu physischen Angriffen. In der Saison 2022/23 wurden 963 Spiele aufgrund von Eskalationen abgebrochen, in der darauffolgenden Saison waren es 909. Der DFB betont zwar, dass die Zahl leicht rückläufig ist, dennoch bleibt Gewalt ein dauerhaftes Problem.
Statistiken und Studien zur Lage
Eine DFB-Erhebung mit über 1,2 Millionen Partien verdeutlicht, dass Schiedsrichter besonders häufig Opfer von Gewalthandlungen sind. Eine weitere Studie, durchgeführt von FanQ und FC PlayFair!, zeigt, dass Respektlosigkeiten und verbale Übergriffe zum Alltag gehören. Viele Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter geben an, regelmäßig beleidigt zu werden. Diese ständige Belastung führt dazu, dass viele Unparteiische ihr Ehrenamt früher oder später aufgeben.
Universitäre Analysen
Wissenschaftler der Universität Tübingen beschreiben Gewaltphänomene im Amateurfußball als zunehmendes Problem. Neben einer Zunahme der Schwere der Vorfälle spielen gesellschaftliche Faktoren eine Rolle: steigender Leistungsdruck, geringere Fehlertoleranz und eine angespannte Atmosphäre auf und neben dem Platz. Diese Gemengelage begünstigt Eskalationen wie die jüngste in Dortmund.
Rechtliche Aspekte und mögliche Strafen
Welche Strafen drohen einem Spieler, der den Schiedsrichter schlägt?
Die Konsequenzen für den 31-jährigen Angreifer können erheblich sein. Neben strafrechtlichen Folgen wie einer Anzeige wegen vorsätzlicher Körperverletzung drohen auch sportrechtliche Sanktionen. Diese reichen von mehrjährigen Sperren bis hin zum dauerhaften Ausschluss vom Spielbetrieb. Auch der Verein des Spielers kann in Mithaftung genommen werden, beispielsweise durch Punktabzug, Geldstrafen oder Platzsperren.
Rechte der Schiedsrichter
Schiedsrichter haben das Recht, Spiele abzubrechen, wenn sie sich bedroht fühlen. In Foren wie Transfermarkt berichten Amateur-Schiedsrichter, dass sie zudem Zuschauer, die sich ungebührlich verhalten, des Innenraums verweisen können. In besonders brenzligen Situationen bleibt jedoch oft nur der Abbruch. Dass ein Schiedsrichter auf dem Weg zum Auto von einer Gruppe verfolgt wird, wie im Dortmunder Fall, stellt eine besonders gravierende Eskalation dar.
Maßnahmen und Prävention
Welche Maßnahmen gibt es gegen Gewalt auf Amateurplätzen?
Der DFB setzt seit einigen Jahren verstärkt auf Präventionsmaßnahmen. Dazu zählen:
- Kapitänsregel: Nur die Spielführer dürfen offiziell mit dem Schiedsrichter kommunizieren.
- Beruhigungspausen: Spiele können kurzzeitig unterbrochen werden, um die Situation zu deeskalieren.
- Schiedsrichter-Schulungen: Unparteiische werden gezielt im Umgang mit Konflikten geschult.
- Kooperation mit Behörden: Vereine werden verpflichtet, Ordnungsdienste zu stellen oder bei Risikospielen Polizei zu informieren.
Trotz dieser Maßnahmen bleibt das Risiko bestehen. Viele Experten fordern härtere Strafen und mehr Präsenz von Sicherheitskräften bei kritischen Spielen.
Warum steigen Konflikte und Übergriffe auf Unparteiische?
Die Gründe sind vielfältig. Experten nennen unter anderem:
- Eine sinkende Fehlertoleranz bei Spielern und Zuschauern.
- Den zunehmenden Leistungsdruck, auch im Amateurbereich.
- Gesellschaftliche Spannungen, die sich auf den Sport übertragen.
- Eine oft unzureichende Ausstattung der Vereine mit Ordnungsdiensten.
All diese Faktoren zusammen können eine aufgeheizte Atmosphäre erzeugen, in der ein umstrittenes Schiedsrichterurteil schnell zur Eskalation führt.
Die Perspektive der Schiedsrichter
Wie erleben Schiedsrichter Gewalt persönlich, und wie gehen sie damit um?
Viele Schiedsrichter berichten von einer hohen psychischen Belastung. Beleidigungen und Bedrohungen gehören für sie zum Alltag. Manche sprechen davon, sich auf kleinen Sportplätzen unsicher zu fühlen, vor allem wenn sie nach Abpfiff ohne Begleitung zum Auto gehen müssen. Einige entscheiden sich deshalb, ihre Laufbahn vorzeitig zu beenden. Dies trägt zum Schiedsrichtermangel bei, den der DFB schon seit Jahren beklagt.
Zitate und Stimmen aus der Szene
Moiken Wolk, Leiterin der Schiedsrichter-Abteilung des DFB, betonte in einem Interview: „Gewalt darf nicht als Teil des Spiels toleriert werden.“ In sozialen Medien äußerten sich viele Nutzer entsetzt über den Dortmunder Vorfall. Ein häufig geäußerter Kommentar: „Wenn Schiris nicht mehr sicher pfeifen können, bricht der gesamte Amateurfußball zusammen.“
Einordnung und gesellschaftliche Dimension
Die Rolle der Vereine
Vereine sind gefordert, eine Kultur des Respekts vorzuleben. Dazu gehört nicht nur die Schulung der Spieler, sondern auch der Umgang mit Zuschauern. Besonders in unteren Ligen sind es oft Verwandte und Freunde der Spieler, die durch übertriebene Emotionen zu Konflikten beitragen. Ein konsequentes Eingreifen seitens der Vereinsführung ist daher entscheidend.
Öffentliche Wahrnehmung
Der aktuelle Vorfall hat in sozialen Netzwerken und Foren eine Welle der Empörung ausgelöst. Viele Fans fragen, wie es möglich ist, dass ein Schiedsrichter von einer Gruppe verfolgt wird, ohne dass sofort Hilfe organisiert wird. Die Polizei verweist auf ihre Präsenz, räumt jedoch ein, dass die Dynamik eines solchen Mobs schwer einzuschätzen sei.
Internationale Vergleiche
Auch in anderen Ländern kommt es zu ähnlichen Vorfällen. Studien aus Spanien, Italien oder den Niederlanden zeigen, dass Gewalt gegen Unparteiische ein europaweites Problem ist. Deutschland ist also kein Einzelfall, auch wenn hier verstärkt Maßnahmen gegen Eskalationen getroffen werden.
Die Konsequenzen für den Amateurfußball
Wenn Gewaltfälle wie in Dortmund häufiger werden, drohen langfristig schwerwiegende Folgen: Schiedsrichtermangel, ein Rückzug engagierter Ehrenamtlicher und ein Imageschaden für den gesamten Amateurfußball. Schon heute ist es vielerorts schwierig, genug Unparteiische für den Spielbetrieb zu finden.
Ein Blick nach vorn
Der Fall in Dortmund zeigt, dass noch mehr getan werden muss, um Schiedsrichter zu schützen. Neben den bestehenden Präventionsmaßnahmen könnten neue Ideen wie digitale Meldesysteme, verstärkte Polizei-Kooperationen oder verpflichtende Sicherheitskonzepte bei Risikospielen helfen. Klar ist: Ohne Schiedsrichter funktioniert der Fußball nicht.
Schlussabsatz: Gewalt im Amateurfußball als Weckruf
Der Angriff auf den 28-jährigen Schiedsrichter in Dortmund ist mehr als ein tragischer Einzelfall. Er ist ein Weckruf für den gesamten Amateurfußball in Deutschland. Trotz rückläufiger Zahlen bei dokumentierten Vorfällen bleibt die Bedrohung für Unparteiische real. Spieler, Vereine, Verbände und Zuschauer müssen erkennen, dass Respekt gegenüber Schiedsrichtern keine Floskel, sondern eine Grundvoraussetzung für den Fortbestand des Sports ist. Nur wenn konsequent gegen Gewalt vorgegangen wird – juristisch, organisatorisch und gesellschaftlich – kann der Amateurfußball wieder zu dem Ort werden, an dem Leidenschaft und Fairness im Mittelpunkt stehen. Der Dortmunder Vorfall sollte daher nicht als isolierte Entgleisung betrachtet werden, sondern als Mahnung, den Schutz der Schiedsrichter endlich zur obersten Priorität zu machen.