Preisdruck vor Gericht Sammelklage: Live Nation und Ticketmaster müssen sich einer umfassenden Klage stellen

In Wirtschaft
Dezember 13, 2025

13. Dezember 2025 – Der Vorhang für Konzerte fällt meist erst am Abend. Vor einem Bundesgericht in Kalifornien jedoch hebt er sich bereits jetzt – für einen der größten Rechtsstreits in der Geschichte der Live-Entertainment-Industrie.

Millionen Konzertbesucher rücken ins Zentrum eines Verfahrens, das die Machtverhältnisse im Ticketmarkt neu ordnen könnte. Live Nation und Ticketmaster sehen sich mit dem Vorwurf konfrontiert, Ticketpreise systematisch in die Höhe getrieben zu haben.

Ein US-Bundesrichter hat entschieden, dass Live Nation Entertainment und die Ticketplattform Ticketmaster sich einer groß angelegten Sammelklage stellen müssen. Der Kern des Verfahrens: der Vorwurf, das Unternehmen habe seine marktbeherrschende Stellung genutzt, um über Jahre hinweg überhöhte Ticketpreise und Gebühren durchzusetzen. Für Verbraucher, Behörden und die gesamte Branche markiert die Entscheidung einen juristischen Einschnitt mit potenziell weitreichenden Folgen.

Bundesrichter lässt Sammelklage zu

US-District-Judge George Wu in Los Angeles gab den Klägern grünes Licht, ihre Ansprüche gebündelt geltend zu machen. Die Sammelklage umfasst Verbraucher, die über einen Zeitraum von rund 15 Jahren Tickets für Großveranstaltungen über Ticketmaster oder Live-Nation-Tochtergesellschaften erworben haben. Nach Einschätzung des Gerichts erfüllt der Fall die rechtlichen Voraussetzungen, um als Sammelklage verhandelt zu werden – trotz der Einwände des Konzerns.

Live Nation hatte argumentiert, die Preisgestaltung sei zu unterschiedlich, um sie in einem einheitlichen Verfahren zu prüfen. Gebühren und Ticketpreise würden von Veranstaltungsorten festgelegt, nicht zentral vom Ticketanbieter. Zudem handle es sich um individuelle Kaufentscheidungen, die eine gemeinsame rechtliche Bewertung erschwerten. Richter Wu folgte dieser Argumentation nicht. Aus seiner Sicht überwiegen die gemeinsamen Fragen zur Marktmacht und zur Preisstruktur.

Bereits zuvor war Live Nation mit dem Versuch gescheitert, das Verfahren in ein privates Schiedsverfahren zu verlagern. Der Oberste Gerichtshof der USA hatte diesen Schritt abgelehnt. Damit bleibt der Weg für eine öffentliche gerichtliche Auseinandersetzung offen – ein Punkt, der von Verbraucherschützern als entscheidend gewertet wird.

Der Kern der Vorwürfe

Im Zentrum der Sammelklage steht der Vorwurf, Live Nation und Ticketmaster hätten ihre dominante Marktstellung genutzt, um Preise und Zusatzgebühren durchzusetzen, die in einem funktionierenden Wettbewerbsumfeld nicht möglich gewesen wären. Kläger sprechen von einer strukturellen Übervorteilung der Käufer, die mangels Alternativen kaum Ausweichmöglichkeiten hatten.

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Die Klage konzentriert sich dabei nicht auf einzelne Veranstaltungen, sondern auf das Geschäftsmodell insgesamt. Kritisiert wird insbesondere die Kombination aus Ticketverkauf, Veranstaltungsmanagement und Künstlervermittlung, die Live Nation in einer Hand vereint. Diese vertikale Integration, so der Vorwurf, habe es dem Konzern ermöglicht, Wettbewerb systematisch zu begrenzen.

Parallelverfahren der Behörden

Die private Sammelklage ist nicht isoliert zu betrachten. Sie läuft parallel zu mehreren staatlichen Verfahren, die den Druck auf Live Nation weiter erhöhen. Das US-Justizministerium hat gemeinsam mit einer Koalition von rund 40 Bundesstaaten eine Kartellklage eingereicht. Darin wird dem Konzern vorgeworfen, ein illegales Monopol im Ticket- und Veranstaltungsmarkt geschaffen und abgesichert zu haben.

Die Forderungen der Behörden gehen weit: Im Raum steht sogar eine strukturelle Trennung von Live Nation und Ticketmaster, sollte das Gericht den Vorwürfen folgen. Auch die Federal Trade Commission hat eine eigene Beschwerde eingereicht. Sie wirft dem Unternehmen vor, Gebühren systematisch zu verschleiern und Verbraucher über die tatsächlichen Kosten eines Tickets im Unklaren gelassen zu haben.

  • Vorwurf der Marktabschottung durch exklusive Verträge mit Veranstaltungsorten
  • Kritik an intransparenten Service- und Bearbeitungsgebühren
  • Behauptung, dass alternative Ticketanbieter gezielt verdrängt wurden

Diese Verfahren zeichnen ein Bild eines Konzerns, der nicht nur wirtschaftlich dominiert, sondern regulatorisch zunehmend unter Beobachtung steht.

Ein langer Konflikt mit den Fans

Die Unzufriedenheit vieler Ticketkäufer ist nicht neu. Bereits in den vergangenen Jahren hatten spektakuläre Ticketverkäufe für Empörung gesorgt. Besonders der Vorverkauf großer Tourneen, bei dem Server zusammenbrachen, Warteschlangen explodierten und Preise in kurzer Zeit stark schwankten, rückte Ticketmaster immer wieder ins öffentliche Rampenlicht.

Für viele Fans verdichtete sich dabei der Eindruck, dass der Zugang zu Live-Kultur zunehmend vom Geldbeutel abhängt. Die aktuelle Sammelklage greift diese Stimmung auf und überführt sie in einen juristischen Rahmen. Sie gibt dem diffusen Unmut eine rechtliche Form – und möglicherweise ein Ventil.

Bedeutung für Markt und Verbraucher

Sollte das Verfahren erfolgreich sein, drohen Live Nation erhebliche finanzielle Belastungen. Schadensersatzforderungen könnten sich auf Milliarden summieren. Noch gravierender wären jedoch strukturelle Auflagen, die das Geschäftsmodell des Konzerns verändern würden. Für den Ticketmarkt insgesamt könnte dies einen Wendepunkt markieren.

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Verbraucherschützer sehen in der Sammelklage die Chance auf mehr Transparenz bei Ticketpreisen. Sie hoffen auf klarere Preisangaben, weniger versteckte Gebühren und mehr Wettbewerb. Branchenkenner warnen jedoch vor vorschnellen Erwartungen. Der Ticketmarkt sei komplex, die Interessen von Künstlern, Veranstaltern und Plattformen eng miteinander verwoben.

Die Verteidigungslinie des Konzerns

Live Nation weist alle Vorwürfe zurück. Das Unternehmen betont, dass Ticketpreise maßgeblich von Künstlern und Veranstaltungsorten beeinflusst würden. Ticketmaster stelle lediglich die technische Infrastruktur bereit. Zudem argumentiert der Konzern, dass die hohe Nachfrage nach Live-Events zwangsläufig zu höheren Preisen führe – ein Marktmechanismus, der nicht per se rechtswidrig sei.

Diese Argumentation wird nun vor Gericht auf den Prüfstand gestellt. Entscheidend wird sein, ob Richter und Geschworene der Auffassung folgen, dass Marktmechanismen allein die Preisentwicklung erklären – oder ob sie eine systematische Ausnutzung von Marktmacht erkennen.

Ein Verfahren mit Signalwirkung

Die Entscheidung von Richter Wu ist vor allem ein Zwischenschritt, aber ein bedeutender. In den kommenden Monaten wird das Gericht darüber befinden, wie weit der Kreis der Anspruchsberechtigten reicht und welche konkreten Schadensfragen verhandelt werden. Bereits jetzt ist absehbar, dass der Prozess Jahre dauern könnte.

Unabhängig vom Ausgang sendet das Verfahren ein klares Signal an den Technologiesektor und andere Plattformmärkte: Größe und Marktdominanz schützen nicht vor gerichtlicher Kontrolle. Die Sammelklage gegen Live Nation und Ticketmaster könnte damit zu einem Referenzfall für den Umgang mit Marktmacht im digitalen Zeitalter werden.

Ein Prüfstein für Fairness im Ticketmarkt

Für Millionen Konzertbesucher ist der Rechtsstreit mehr als eine juristische Auseinandersetzung. Er berührt die Frage, wie zugänglich Kultur künftig sein soll – und welchen Preis Gesellschaft bereit ist, für Live-Erlebnisse zu zahlen. Ob das Gericht den Vorwürfen folgt oder nicht: Der Ticketmarkt steht vor einer Phase intensiver Überprüfung, deren Ausgang die Regeln des Spiels neu definieren könnte.

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Als Autor für das Magazin "Nah am digitalen Rand" verbinde ich meine Germanistik-Expertise mit einem unstillbaren Interesse für redaktionell spannende Themen. Meine Leidenschaft gilt der Erforschung und dem Verständnis der digitalen Evolution unserer Sprache, ein Bereich, der mich stets zu tiefgründigen Analysen und Artikeln inspiriert.