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Bundesamt warnt vor neuen Risiken Bevölkerungsschutz warnt: Bundesregierung hält Krieg in Europa nicht mehr für ausgeschlossen

In Allgemein
Oktober 20, 2025
Berlin. Der neue Krisenratgeber des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) sorgt für Diskussionen: Zum ersten Mal seit Jahrzehnten heißt es darin, ein Krieg sei in Europa „nicht mehr ausgeschlossen“. Die überarbeitete Broschüre ist kein Alarmruf, sondern Ausdruck wachsender Sorge über hybride Bedrohungen, Cyberangriffe und Sabotageakte, die Deutschland zunehmend treffen könnten.

Ein aktualisierter Ratgeber in unsicheren Zeiten

Das BBK hat seinen umfassenden Krisenratgeber 2025 unter dem Titel „Vorsorgen für Krisen und Katastrophen“ neu aufgelegt. In der Einleitung findet sich ein Satz, der viel mediale Aufmerksamkeit auf sich zieht: „Selbst ein Krieg scheint nicht mehr so ausgeschlossen zu sein wie noch vor einigen Jahren.“ Damit greift die Behörde eine realistische Einschätzung der aktuellen Sicherheitslage auf, wie sie von Experten und Politikern seit Monaten diskutiert wird.

BBK-Präsident Ralph Tiesler betonte bei der Vorstellung in Berlin, dass die neue Fassung kein „Angstdokument“ sei, sondern ein Aufruf zu mehr Eigenverantwortung: „Wir leben in einer Zeit, in der Krisen nicht mehr nur Naturphänomene sind, sondern zunehmend menschengemacht.“ Der Ratgeber soll Bürgerinnen und Bürgern helfen, in jeder Krisenform – vom Stromausfall über Cyberangriffe bis hin zu möglichen Kriegsauswirkungen – handlungsfähig zu bleiben.

Was bedeutet „Krieg nicht mehr ausgeschlossen“ konkret?

Die Formulierung sorgte in sozialen Medien und Talkshows für hitzige Diskussionen. Viele fragten sich: Bedeutet das, dass Deutschland unmittelbar bedroht ist? Nein. Der Satz beschreibt laut BBK die erweiterte Bandbreite potenzieller Krisen, die sich in den letzten Jahren deutlich verschoben hat. Hybridkriege, Cyberangriffe, Sabotage kritischer Infrastruktur und gezielte Desinformation gehören mittlerweile zu den größten Herausforderungen für die nationale Sicherheit.

Während der Ratgeber bisher vor allem Naturkatastrophen und technische Störungen behandelte, wurde die aktuelle Ausgabe um Szenarien wie Explosionen, Luftangriffe und Sabotageakte ergänzt. Der Fokus liegt nicht auf Kriegsprophezeiung, sondern auf praktischer Vorbereitung: Wo finde ich Schutz bei Explosionen? Wie erkenne ich Falschinformationen? Wie bleibe ich informiert, wenn das Internet oder Strom ausfallen?

Neue Inhalte im BBK-Ratgeber 2025

Vorsorge statt Panik

Der BBK-Ratgeber gibt konkrete Empfehlungen, wie sich Bürger im Krisenfall vorbereiten sollten. Dazu gehören:

  • Vorräte für mindestens 10 Tage – Wasser, Lebensmittel, Hygieneartikel, Medikamente.
  • Ein Notgepäck mit Dokumenten, Erste-Hilfe-Set, Taschenlampe, Radio und Batterien.
  • Pläne für Stromausfälle, Kommunikation und Treffpunkte für Familien.
  • Umgang mit Falschinformationen in sozialen Netzwerken.
  • Empfehlungen zum Verhalten bei Explosionen oder Gebäudeschäden.

Im Vergleich zur Ausgabe von 2019 erweitert die Neuauflage den Blick erheblich. Während früher Naturgefahren wie Hochwasser oder Sturmfluten im Vordergrund standen, geht es nun auch um militärische und hybride Bedrohungen. Der Ratgeber ist in sieben Sprachen erhältlich, darunter Türkisch, Arabisch und Ukrainisch, sowie in Leichter Sprache und Gebärdensprache.

Wie viele Deutsche haben überhaupt Notvorräte?

Eine Umfrage zeigt: Nur rund 38 % der Deutschen verfügen über einen Lebensmittelvorrat für mehrere Tage. Viele halten das sogar geheim, aus Sorge, als übervorsichtig zu gelten. Das BBK sieht hierin eine Herausforderung – es will die Eigenverantwortung stärken, ohne Angst zu schüren. „Selbst kleine Schritte, wie drei Tage Vorrat, sind besser als gar keine“, heißt es im Leitfaden.

Der gesellschaftliche Kontext: Angst, Desinformation und Realität

Kommunikation als Schlüssel

In sozialen Netzwerken verbreiteten sich nach der Veröffentlichung des Ratgebers zahlreiche Zuspitzungen: Manche Nutzer interpretierten die Passage als Ankündigung eines unmittelbar drohenden Krieges. Auf Plattformen wie X (ehemals Twitter) kursierten verkürzte Zitate und Bildausschnitte – ein Beispiel dafür, wie schnell Desinformation in Krisenzeiten wirkt. Das BBK reagierte umgehend: Der Satz sei ein „Weckruf für Vorsorge, kein Hinweis auf eine akute Gefahr“.

Zivile Verantwortung im Fokus

In Foren wie Reddit oder Diskussionen auf Facebook lobten viele Nutzer den neuen Ratgeber als längst überfälligen Realismus. Einige verglichen die Initiative mit früheren Zivilschutzübungen oder der alten „Zivilschutzmappe“ aus den 1980er-Jahren. Andere betonten, dass Vorsorge keine Panik sei, sondern Teil einer modernen Resilienzstrategie. Ehrenamtliche aus Feuerwehr und THW teilten Tipps, wie man Notfallpläne mit Nachbarn oder Vereinen abstimmen kann – eine zivilgesellschaftliche Antwort auf staatliche Empfehlungen.

Politische und sicherheitspolitische Hintergründe

Ein sich wandelndes Sicherheitsumfeld

Verteidigungsminister Boris Pistorius warnte zuletzt in Warschau: „Russland wird zunehmend zur Gefahr für Europa und die NATO.“ Ähnlich äußerte sich der Präsident des Bundesnachrichtendienstes, Martin Jäger, der von einem „eisigen Frieden“ sprach, der jederzeit in eine „heiße Konfrontation“ umschlagen könne. Diese Einschätzungen bilden den Hintergrund, vor dem das BBK seine Kommunikation anpasst.

Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund fordert eine „Zeitenwende im Bevölkerungsschutz“. Städte und Gemeinden sollen besser koordiniert und die Bürger stärker einbezogen werden. Freiwillige Feuerwehren, Hilfsorganisationen und THW sollen wieder mehr öffentliche Aufmerksamkeit erhalten. Der Gedanke: Sicherheit beginnt vor der eigenen Haustür.

Hybride Bedrohungen – das neue Normal?

Cyberangriffe auf Stromnetze, gezielte Falschinformationen in sozialen Medien und Sabotage an Infrastruktur – all das zählt heute zu den realistischen Szenarien, gegen die sich Staaten wappnen müssen. Der BBK-Ratgeber soll Bürgern nicht nur physische Sicherheit vermitteln, sondern auch digitale Resilienz fördern. Der Umgang mit Desinformation ist dabei ein zentrales Element: Informationen sollten stets aus verlässlichen Quellen stammen, etwa von Behörden, öffentlich-rechtlichen Medien oder offiziellen Warn-Apps wie NINA.

Wie kann man sich persönlich vorbereiten?

Praktische Checkliste zur Eigenvorsorge

Viele Bürger stellen sich die Frage: Wie kann ich mich konkret auf Krisen vorbereiten, ohne in Panik zu geraten? Das BBK gibt klare Antworten:

BereichEmpfohlene Maßnahmen
Lebensmittel10 Tage haltbare Vorräte – z. B. Konserven, Nudeln, Reis, Mehl, Öl.
WasserMindestens 2 Liter pro Person und Tag, auch für Hygienezwecke zusätzlich einplanen.
KommunikationKurbelfunkradio, Powerbank, Telefonnummern auf Papier notieren.
GesundheitHausapotheke, notwendige Medikamente, Erste-Hilfe-Set, Masken.
HaushaltKerzen, Feuerzeug, Müllbeutel, Hygieneartikel, Notfallbeleuchtung.

Wissen und Nachbarschaftshilfe

Ein weiterer zentraler Punkt ist das soziale Netzwerk. Wer seine Nachbarn kennt und Absprachen trifft, hat im Notfall bessere Chancen. Der ASB empfiehlt, insbesondere ältere Menschen oder Familien mit kleinen Kindern aktiv in Notfallpläne einzubeziehen. Zivilschutzexpertin Edith Wallmeier sagte in einem Interview: „Die Kenntnisse über den Zivilschutz sind gering – wir müssen lernen, als Gesellschaft resilienter zu werden.“

Fragen, die viele Menschen jetzt stellen

Wie wahrscheinlich ist ein Krieg in Deutschland?

Ein unmittelbarer Krieg ist nach Einschätzung von Regierung und Sicherheitsbehörden weiterhin unwahrscheinlich. Dennoch betonen Experten, dass die Risiken für Eskalationen in Europa gestiegen sind. Der Satz im BBK-Ratgeber ist Ausdruck dieser Unsicherheit, nicht Ankündigung eines bevorstehenden Konflikts.

Wie unterscheidet sich die neue BBK-Ausgabe von früheren Versionen?

Die Version von 2025 enthält erstmals Kapitel zu Explosionen, Luftangriffen, Sabotage und Desinformation. Zudem wurde der Sprachumfang erweitert und die Inhalte für Menschen mit Beeinträchtigungen besser zugänglich gemacht. Das Ziel ist, dass jede Bürgerin und jeder Bürger – unabhängig von Alter, Sprache oder digitalem Zugang – sich vorbereiten kann.

Welche Rolle spielt der digitale Bevölkerungsschutz?

Mit der Warn-App NINA und einer neuen Online-Plattform setzt das BBK auf digitale Vorsorgekommunikation. Push-Nachrichten, Standortwarnungen und Lernmodule sollen helfen, im Ernstfall schnell zu reagieren. Wichtig bleibt aber die Redundanz: Auch ohne Internetzugang müssen Informationen erreichbar bleiben – daher empfiehlt das BBK Radios mit Kurbelantrieb oder Batteriebetrieb.

Reaktionen aus Politik und Gesellschaft

Politische Reaktionen auf die Neuauflage des Ratgebers fallen gemischt aus. Während Sicherheitspolitiker die Offenheit des BBK loben, warnen andere vor einer Überdramatisierung. Der Grundtenor bleibt: Vorsorge ist kein Zeichen von Angst, sondern von Verantwortung. In sozialen Medien überwiegt Zustimmung, dass der Staat endlich realistische Szenarien benennt.

Der Diskurs zeigt auch ein wachsendes Bewusstsein: Bevölkerungsschutz ist nicht nur Aufgabe des Staates, sondern beginnt bei jedem Einzelnen. Ob durch Vorräte, Schulungen oder ehrenamtliches Engagement – Resilienz entsteht in der Gemeinschaft.

Warum das Thema jetzt wichtiger ist als je zuvor

Die wachsende Zahl an Krisen – von Überschwemmungen über Cyberangriffe bis hin zu geopolitischen Spannungen – zeigt, dass Sicherheit kein statischer Zustand ist. Der BBK-Ratgeber erinnert daran, dass Vorsorge kein Luxus, sondern Lebensrealität sein sollte. Deutschland gilt zwar als eines der sichersten Länder der Welt, doch Sicherheit entsteht erst durch Bewusstsein, Vorbereitung und Vertrauen in Institutionen.

Wenn das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe also schreibt, „ein Krieg sei nicht mehr ausgeschlossen“, ist das kein Zeichen der Panik – sondern ein nüchterner Hinweis darauf, dass sich unsere Welt verändert hat. Es ist eine Einladung, Verantwortung zu übernehmen: für sich, die Familie und die Gemeinschaft.

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Als Autor für das Magazin "Nah am digitalen Rand" verbinde ich meine Germanistik-Expertise mit einem unstillbaren Interesse für redaktionell spannende Themen. Meine Leidenschaft gilt der Erforschung und dem Verständnis der digitalen Evolution unserer Sprache, ein Bereich, der mich stets zu tiefgründigen Analysen und Artikeln inspiriert.