Deutsche Exporte steigen wieder Erholung im Handel mit den USA signalisiert vorsichtige Trendwende

In Wirtschaft
November 09, 2025

Berlin, 9. November 2025 – Nach Monaten der Unsicherheit zeichnet sich für die deutsche Exportwirtschaft ein zarter Aufwärtstrend ab. Vor allem im Handel mit den USA melden Unternehmen wieder steigende Ausfuhren – ein Signal, das in den Wirtschaftsstatistiken ebenso sichtbar wird wie in den Gesprächen der Logistikbranche. Doch die Freude bleibt verhalten, denn die Gefahr neuer US-Zölle schwebt weiterhin über den Handelsbeziehungen.

Deutsche Ausfuhren steigen – USA als Motor der Erholung

Nach Angaben des Statistischen Bundesamts stiegen die deutschen Exporte im September 2025 um 1,4 Prozent gegenüber dem Vormonat, während die Importe sogar um 3,1 Prozent zulegten. Damit setzte sich die leichte Erholung der letzten Monate fort. Der Handelsüberschuss belief sich auf rund 15,3 Milliarden Euro – weniger als im Vorjahr, aber ein Zeichen für wieder wachsende Dynamik.

Besonders bemerkenswert ist die Entwicklung im Geschäft mit den Vereinigten Staaten. Nach einem mehrmonatigen Rückgang legten die deutschen Exporte in die USA im September um 11,9 Prozent zu. Analysten der ING Group sprechen von einem „kleinen Erholungsversuch“ und sehen den Anstieg als ersten Hinweis auf eine Stabilisierung des transatlantischen Handels. Dennoch liegen die Ausfuhren in die USA im Jahresvergleich noch rund 14 Prozent unter dem Niveau von 2024.

Vorzieheffekte und Unsicherheit durch drohende Zölle

Ein Grund für den jüngsten Anstieg liegt in sogenannten Vorzieheffekten. Viele Unternehmen beschleunigten ihre Lieferungen, bevor neue US-Tarife in Kraft treten könnten. „Exports to the U.S. slid 2.1 % … the third consecutive monthly decrease and the lowest value since February 2022“, hieß es noch im Sommer in einem Branchenforum. Nun kehrt sich der Trend vorübergehend um – doch niemand weiß, wie lange.

Der Markt bleibt angespannt. Laut dem ifo-Institut könnten US-Gegenzölle bis zu 53 Prozent der deutschen Exporte in die USA betreffen und die Ausfuhren um bis zu 3 Prozent reduzieren. Besonders betroffen wären die Automobilindustrie, der Maschinenbau sowie die Pharmawirtschaft – allesamt Kernbranchen des deutschen Exports. Für den Zeitraum Januar bis Juli 2025 zeigt sich dennoch ein Anstieg des gesamten Exportvolumens um 0,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Wettbewerbsdruck wächst – strukturelle Herausforderungen bleiben

Während die kurzfristigen Zahlen positiv erscheinen, bleiben die langfristigen Trends weniger erfreulich. Das Kiel Institut für die Weltwirtschaft schätzt das Wachstum der deutschen Wirtschaft für 2025 auf lediglich 0,3 Prozent. Gründe sind hohe Produktions- und Energiekosten, Fachkräftemangel und sinkende Wettbewerbsfähigkeit im globalen Vergleich. Auch der starke Euro erschwert die Lage, da er Exporte in Dollar-Märkte verteuert.

Das ZEW Mannheim warnt zudem vor einer „anhaltenden Stagnation“ der deutschen Wirtschaft. Die protektionistische Handelspolitik der USA bremse Investitionsentscheidungen und belaste exportorientierte Branchen überproportional. Vor allem mittelständische Unternehmen sehen sich gezwungen, ihre Lieferketten zu diversifizieren und stärker auf europäische oder asiatische Märkte zu setzen.

Der US-Markt bleibt zentral – aber riskant

Mit einem bilateralen Handelsvolumen von über 250 Milliarden Euro bleiben die USA Deutschlands wichtigster Handelspartner außerhalb der EU. Zu den zentralen Exportgütern zählen Fahrzeuge, Maschinen, chemische Erzeugnisse und medizinische Geräte. Im ersten Halbjahr 2025 erreichte das deutsche Exportvolumen in die USA bereits 81 Milliarden Dollar.

Allerdings mehren sich in Unternehmerkreisen Berichte über praktische Hürden: So mussten Logistiker kurzfristig Versandprozesse anpassen, um neue Zollregeln korrekt umzusetzen. Ein Logistikdienstleister sprach von einer „vorübergehenden Aussetzung von US-Sendungen über DHL“, bis die Systeme auf die neuen Regularien umgestellt seien. Solche operativen Verzögerungen zeigen, dass die Herausforderungen weit über die Statistiken hinausgehen.

Globale Verschiebungen und neue Handelsströme

In den sozialen Medien wird derweil diskutiert, ob Deutschland langfristig seine Exportabhängigkeit von den USA verringern sollte. Nutzer in Wirtschaftsforen verweisen darauf, dass die EU inzwischen wieder der größte Handelspartner Deutschlands ist und dass Exporte in die USA wie auch nach China an Anteil verlieren. „Our biggest trading partner by far is the EU … China and the US only receive ca. 10 % each“, schrieb ein Nutzer in einer vielbeachteten Reddit-Diskussion.

Dieser Wandel spiegelt sich auch in offiziellen Analysen wider: Während der Anteil der US-Exporte am Gesamtvolumen 2024 noch bei rund 10,5 Prozent lag, beträgt er heute etwa 9,5 Prozent. Dennoch bleibt der US-Markt strategisch bedeutsam – vor allem für forschungsintensive Branchen, die auf hohe Margen und stabile Nachfrage in Nordamerika setzen.

Blick nach vorn: Erholung mit Unsicherheiten

Die aktuellen Zahlen deuten auf eine vorsichtige Stabilisierung hin, doch die wirtschaftliche Gesamtlage bleibt fragil. Eine dauerhafte Erholung der deutschen Exporte hängt nicht allein vom Zollklima ab, sondern auch von strukturellen Reformen im Inland. Energiepreise, Fachkräftesicherung und Innovationsförderung werden entscheidend sein, um den Außenhandel langfristig zu stärken.

Die Exporte steigen wieder – ja. Aber sie steigen auf wackeligem Fundament. Zwischen neuem Optimismus und alten Risiken bleibt die deutsche Exportwirtschaft ein Spiegelbild der globalen Unsicherheit – mit der Hoffnung, dass aus der momentanen Erholung mehr wird als nur ein kurzes Aufatmen.

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Als Autor für das Magazin "Nah am digitalen Rand" verbinde ich meine Germanistik-Expertise mit einem unstillbaren Interesse für redaktionell spannende Themen. Meine Leidenschaft gilt der Erforschung und dem Verständnis der digitalen Evolution unserer Sprache, ein Bereich, der mich stets zu tiefgründigen Analysen und Artikeln inspiriert.